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Schule: Personalräte lassen Spitzenabsolventen vor der Schultür

Das „Fellow“-Programm an Brennpunktschulen wurde gestoppt. Gewerkschafter sehen Vertretungslehrer im Nachteil.

Ina Grimmer sitzt zurzeit zu Hause. Eigentlich sollte die Kulturwirtin nach ihrem Studienjahr an der Universität Istanbul und ihrem Einser-Diplom aus Passau seit dem 1. September an der Kreuzberger Carl-Friedrich-Zelter-Hauptschule arbeiten. Dort sollte sie die Schülerfirma aufbauen, die wöchentliche Versammlung aller Schüler und Lehrer moderieren, Schulpartnerschaften anschieben und die Entwicklung hin zur Sekundarschule unterstützen. Aber daraus wird wohl nichts – wegen Bedenken des Personalrates.

Ina Grimmer und 69 weitere überdurchschnittliche Hochschulabsolventen gehören zum ersten Jahrgang von sogenannten „Fellows“, die vor ihrem Start ins Berufsleben für zwei Jahre Brennpunktschulen unterstützen wollen. „Teach First“ nennt sich das Programm, das mit großem Erfolg seit 20 Jahren in den USA und seit acht Jahren in Großbritannien läuft. Nachdem sich kürzlich auch „Teach First Deutschland“ als gemeinnützige Organisation gegründet hatte, boten Berlin, Hamburg und Nordrhein-Westfalen ihren Schulen sogleich an, ebenfalls von den jungen Spitzenkräften zu profitieren.

So weit, so gut – nur nicht in Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg. Hier sollten sechs der 30 Berliner „Fellows“ ihre Arbeit antreten und scheiterten an den Bedenken der beiden Personalräte. Die Fellows seien „Praktikanten“, die den Schulen zusätzliche Arbeit aufbürdeten, heißt es. Vor allem aber erregen sich die GEW-Vertreter darüber, dass die Fellows Zwei-Jahres-Verträge bekommen, während Vertretungslehrer mit kurzen Fristen hingehalten würden. Angesichts dieser „Ungleichbehandlung“ habe man ablehnen müssen, zumal beide Gruppen aus dem Budget für Vertretungskräfte bezahlt würden.

Die betroffene Schule sieht das anders. Das Zelter-Kollegium hatte einstimmig der Anstellung Ina Grimmers zugestimmt und fordert nun den Rücktritt des Personalrates, was dessen Vorsitzenden Hans Jürgen Rausch allerdings nicht anficht. Ihm missfällt prinzipiell, dass der Senat das Programm auf diese Weise finanziert. Den Einwand, dass immerhin sechs
bezirkliche Personalräte anders entschieden haben, lässt er nicht gelten: „Wir sind eben genauer“, findet Rausch.

Dafür bekommt er allerdings wenig Anerkennung. Als „nicht nachvollziehbar“ stuft Landeselternsprecher André Schindler das Vorgehen der beiden Personalräte ein. FDP-Bildungspolitikerin Mieke Senftleben spricht von „unerträglichem Verhalten“. Zelter-Schulleiter Robert Hasse kann sich nicht daran erinnern, „jemals im Leben einer derart dogmatischen Haltung“ begegnet zu sein.

Holger Dehring vom GEW-Vorstand hat zwar „Verständnis für die Wut der Schule“, billigt aber den Personalräten zu, in dieser Sache unterschiedliche Sichtweisen zu haben. Im Übrigen hält er der Bildungsverwaltung vor, dass sie eine Mitschuld trage, weil sie nicht längst die Einigungsstelle angerufen habe.

Diesen Vorwurf hält der zuständige Abteilungsleiter Erhard Laube für eine „Frechheit“, da ein formelles Einigungsverfahren „Monate“ dauere. Er habe deshalb mit Dehring und Rausch nach einer informellen Lösung gesucht – allerdings ergebnislos, „weil der Personalrat von seinen grundsätzliche Bedenken nicht abrücken wollte“.

Ina Grimmer, die extra aus Passau nach Berlin umgezogen war, hofft dennoch weiterhin auf eine „konstruktive Lösung“ und auf ihren Einsatz an der Zelter-Schule, damit sie ihre Fähigkeiten so einsetzen kann, wie es gedacht war.

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