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Schule: Politik will Mogeleien von Lehrern bei Vergleichstests unterbinden

Vergleichsarbeiten: Thilo Sarrazin findet Zustimmung für den Vorschlag, Tests von schulfremden Pädagogen betreuen zu lassen

In Berlin ist eine Diskussion um die Aussagekraft und den Sinn der Grundschulvergleichsarbeit „Vera“ entbrannt. Nachdem der Tagesspiegel von der Manipulation der Ergebnisse durch Lehrkräfte berichtet hatte, kündigte die Bildungsverwaltung an, „das aktuelle Verfahren zu den Vergleichsarbeiten zu überprüfen“. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) äußerte in einem privaten Leserbrief an den Tagesspiegel zudem die Erwartung, dass „sich erst dann etwas ändern wird, wenn es grundsätzlich unterbunden wird, dass die Lehrer die Tests in ihren eigenen Klassen durchführen“.

„Wo Sarrazin recht hat, hat er recht!“, lobte gestern Mieke Senftleben, die bildungspolitische Sprecherin der FDP- Fraktion. Es sei „nicht hinnehmbar, dass Lehrer, die die Vergleichsarbeiten in ihren eigenen Klassen schreiben, den abgefragten Stoff mitunter vorher üben lassen oder Zeitvorgaben zur Lösung der Aufgaben nicht einhalten“. Mit „Vera“ wurden im Mai 26 000 Drittklässler getestet.

Sarrazin hatte auch geschrieben, es sei „besonders in der traditionell leistungsabgewandten Kultur an zahlreichen Berliner Schulen“ mit einem „Tabu“ belegt, die Qualitätsunterschiede zwischen Lehrern offenzulegen. Deshalb gehe er davon aus, „dass schwache Lehrer in großer Versuchung sind, auf die Ergebnisse ihrer Klassen Einfluss zu nehmen“.

Auch die CDU nahm Sarrazins Wortmeldung zum Anlass für einen Appell. Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) müsse „endlich auf die Signale reagieren und die Unterrichtsqualität verbessern“. Dazu gehöre, dass die Vergleichsarbeiten nicht manipulierbar sein dürften.

Dies aber ist kaum möglich, da für „Vera“ nicht Berlin allein zuständig ist. Vielmehr werden die Aufgaben zentral von der Universität Landau erstellt und rund eine Woche vor dem Klausurtermin ins Internet gestellt. Dies bedeutet, dass bundesweit per Passwort die Aufgaben heruntergeladen und somit auch vorher geübt werden könnten.

Die Federführung für „Vera“ hat das Bildungsministerium in Rheinland-Pfalz, das vor Jahren das Konzept entwickeln ließ. Sprecher Wolf-Jürgen Karle erwartet, dass sich die Schummelei erübrigt, wenn die Lehrer die Testergebnisse nicht als Rankinginstrument sehen, sondern zur Diagnose nutzen. Deshalb gebe es keinen Bedarf, das Prozedere zu ändern.

Auch die Berliner Bildungsverwaltung betont, dass die Vergleichsarbeit „kein Disziplinierungsinstrument gegen Lehrkräfte“ sei, sondern vor allem den Zweck erfülle, dass Lehrkräfte Stärken und Schwächen ihrer Schüler besser diagnostizieren und daraus Schlussfolgerungen für ihre Arbeit ziehen könnten. Wenn es dennoch zu Schummeleien komme, werde die Verwaltung dies als „Dienstvergehen betrachten“, ließ Sprecher Kenneth Frisse wissen. Im Übrigen seien Schulaufsicht und Rektoren aufgefordert, „auf die Korrektheit der Prüfungen durch Klassen- und Aufgabenvergleiche zu achten“.

Ulrich Hecker vom Bundesvorstand des Grundschulverbands bezweifelt den Diagnosewert von Vergleichsarbeiten und würde gern auf sie verzichten. Ergiebiger als bundesweite Tests sei es, wenn Lehrer in Parallelklassen identische Arbeiten schrieben und dann die Ergebnisse verglichen, meint der Rektor.

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