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Ein leeres Klassenzimmer

© dpa

Schulen in Neukölln: Flüchtlinge very welcome

Wie sich Neuköllner Schulen auf die Kinder aus dem neuen Asylbewerberheim in Britz vorbereiten. Am Montag zogen die ersten hundert Flüchtlinge ein.

In Neukölln wollte man alles anders machen als in Hellersdorf. Als dort im August letzten Jahres die ersten Flüchtlinge ihre Unterkunft bezogen, fand der Einzug unter Polizeischutz statt. Vor allem die „Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf“ hatte Stimmung gegen das Flüchtlingsheim gemacht, es gab Demonstrationen und Anschläge mit Silvesterböllern.

Der Bezirk Neukölln, wo am Montag in der Späthstraße in Britz ein neues Flüchtlingsheim bezogen wurde, setzte darauf, die Bürger früh mit Informationen über die Unterkunft zu versorgen, um so der Entstehung von Ressentiments möglichst vorzubeugen. So gab es schon im Sommer 2013 Flyer, die die Bevölkerung über die Planungen unterrichtete, dazu kamen Runde Tische und Informationsveranstaltungen. Im Internet steht eine Broschüre mit den wichtigsten Auskünften über das Heim zum Download bereit. Die Strategie des Bezirks scheint aufzugehen. Der Einzug der ersten Flüchtlinge am Montag verlief nach Polizeiangaben und zumindest bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe störungsfrei.

Auch an die Zukunft der Kinder aus den Flüchtlingsfamilien hat der Bezirk gedacht. Der Bezirk rechnet damit, dass unter den insgesamt 400 Bewohnern, die die Unterkunft beziehen werden, rund 100 Kinder und Jugendliche sind. Sobald sie im Schulalter sind, unterliegen auch Flüchtlingskinder der Schulpflicht. Obwohl die genaue Anzahl und das Alter der Kinder noch nicht bekannt sind, haben sich fünf Grundschulen und drei Oberschulen in Neukölln schon darauf vorbereitet, die Kinder in sogenannten „Willkommensklassen“ aufzunehmen. Diese Klassen sind auf Schüler ohne Deutschkenntnisse eingestellt.

Die Schüler der fünften und sechsten Klassen der Britzer Herman-Nohl-Grundschule haben in Vorbereitung auf die Ankunft der Flüchtlinge das Buch „Krieg – stell Dir vor, er wäre hier“ von Janne Teller gelesen. Darin entwirft Teller das Szenario eines Krieges in Deutschland, der die Familien hier dazu zwingen würde, ihre Heimat zu verlassen und nach Ägypten zu fliehen. Die Lehrer der Schule hoffen, dass es ihren Schülern so leichter fallen wird, sich in die Lage der Flüchtlingskinder zu versetzen.

Außerdem findet an der Schule in der kommenden Woche ein Studientag statt, an dem sich Lehrer und Schüler mit der Ankunft der neuen Mitschüler auseinandersetzen. Dabei soll es zum Beispiel um Möglichkeiten der Verständigung gehen, da der Großteil der Flüchtlingskinder fast kein Deutsch spricht. Immerhin haben sie an der Schule schon Übung darin, über Sprachgrenzen hinweg zu kommunizieren, denn Kinder aus 44 Ländern besuchen die Schule. Schulleiterin Ilona Bernsdorf findet die Stimmung unter Lehrern, Eltern und Schülern im Vorfeld sehr positiv: „Alle sehen die Nowendigkeit, Menschen zu helfen, die in Not sind.“

Auch die Otto-Hahn-Oberschule in Britz hat sich schon auf die Ankunft der Flüchtlingskinder eingestellt. Die Schule liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Unterkunft. Schulsozialarbeiter Thomas Herzog erzählt, dass die Initiative zur Unterstützung der Neuankömmlinge von den Schülern selbst ausging. „Als bei einem Schülervertreter-Treffen das Gespräch auf das Flüchtlingswohnheim kam, sagten Schüler aus unseren zehnten und elften Klassen spontan, dass sie gerne helfen würden.“ Die Schüler planten mittlerweile Sport- und Musikangebote und auch Stadtspaziergänge mit den Flüchtlingen. Sie haben sich auch mit anderen Schulen im Umfeld und mit Gruppen wie dem Flüchtlingsrat Berlin und der Britzer Initiative „Hufeisern gegen Rechts“ getroffen, um gemeinsame Aktionen abzusprechen. So entstand zum Beispiel eine Spielzeug-Sammelaktion. „Die lief richtig gut“, meint Herzog.

Die Schulen stehen also in den Startlöchern, aber jetzt warten sie täglich auf neue Informationen, wie Schulleiterin Bernsdorf von der Herman-Nohl-Schule sagt. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso), das für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig ist, hat bisher nicht mitgeteilt, wann und wie viele Flüchtlingskinder in die Schulen kommen werden, und aus welchen Herkunftsländern sie stammen. Selbst die Schulabteilung des Bezirksamts Neukölln ist noch nicht über die genauen Zahlen und Daten informiert. Mitte letzter Woche kamen Mitarbeiter des Bezirksamts zwar zu einem Ortstermin in die Unterkunft, aber auch der Heimleiter gab an, noch nichts Genaueres zu wissen.

Dabei sind die ersten einhundert Flüchtlinge bereits am Montag eingezogen, noch mal so viele sollen nach Angaben des Lageso am Dienstag folgen, 200 weitere im April. Sie stammen größtenteils aus Syrien, Afghanistan, Serbien und Vietnam. In der Regel sind sie schon seit drei bis vier Monaten in Erstaufnahmestellen in der Stadt. „Sobald die Flüchtlinge im Heim angekommen und gezählt wurden, melden die Mitarbeiter die Zahlen an das Bezirksamt“, sagt Lageso-Sprecherin Silvia Kostner. Danach könne das Bezirksamt die Verteilung der Kinder auf die Schulen organisieren.

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