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Gute Seele, IT-Kraft, Krankenschwester – Schulsekretärinnen haben viele Aufgaben. Ihre Vorsitzende Gabriele Brieler setzt sich für bessere Arbeitsbedingungen ein.

© Thilo Rückeis

Schulsekretärinnen: Managerin aller Klassen

Berlins Schulsekretärinnen sollen den Dienstherren wechseln. Doch der Übergang von Bezirken zu Senat ist ein zähes Verfahren.

An manchen Tagen reichen zehn Finger nicht aus. Das sind die Tage mit 50 Anrufen, ein paar wild gewordenen Eltern und mehr als zwei aufgeschlagenen Knien. Das sind die Tage, an denen der Hausmeister krank ist, der Schneedienst versagt oder der Drucker ausfällt. Das sind die Tage, an denen die Bildungsverwaltung unbedingt die neue XY-Statistik haben will, und dann auch noch die Sicherheitsnadel weg ist, die doch immer im Erst-Hilfe-Kästchen liegen soll als Ersatz für einen kaputten Reißverschluss von Kollegin S. oder Schüler A.

Die Frauen mit den zehn bis 20 Fingern und dem raschen Reaktionsvermögen gehören zu einer Spezies, die im rot-schwarzen Koalitionsvertrag vorkommt. Dort klingt das so: „Das gesamte schulische Personal mit Ausnahme der Schulhausmeister wird Personal der Senatsverwaltung für Bildung“. So haben es SPD und CDU vor einem Jahr festgelegt. Gemeint waren die Schulsekretärinnen, die bislang den Bezirksämtern zugeordnet sind. Aber die Überführung zum Land zieht sich hin und klappt nicht zum eigentlich beabsichtigten 1. Januar 2013. Jetzt ist das nächste Schuljahr im Gespräch. Der Grund sind komplizierte Verhandlungen mit Finanzverwaltung und Bezirken.

Die Probleme beginnen schon damit, dass es keine einheitlichen Vorgaben dafür gibt, „was eine Schule überhaupt braucht“, berichtet Gabriele Brieler. Sie arbeitet in der Dreilinden-Grundschule in Zehlendorf. Als Vorsitzende des Vereins der Berliner Schulsekretärinnen sitzt sie außerdem in einer Arbeitsgruppe der Bildungsverwaltung, die das Thema erörtert und Vorschläge erarbeiten soll. „Bislang kocht jeder Bezirk sein eigenes Süppchen“, beschreibt Brieler die Ausgangslage. Zwar erhalten die Bezirke einheitliche Zuweisungen für die Schulsekretariate im Rahmen ihres Globalhaushaltes. Es bleibt aber den Bezirken überlassen, ob sie das Geld vollständig für die Sekretärinnen ausgeben oder für andere Aufgaben abzweigen. Dies hat dazu geführt, dass es in den Regionen einen unterschiedlichen Ausstattungsgrad gibt, wie die Bildungsverwaltung inzwischen festgestellt hat. Sprecherin Beate Stoffers kündigte an, dass diese Unterschiede „im Sinne der Schulen“ angeglichen werden sollen.

Dafür muss aber zunächst festgelegt werden, wie viele Verwaltungsstunden den Schulen überhaupt zustehen sollen. Da ihr Arbeitsaufkommen sehr stark nach Schulform, sozialer Lage und Schülerzahl variiert, ist der Bedarf nicht leicht zu ermitteln. Hier endlich Klarheit durch ein einheitliches und transparentes Verfahren zu erzielen, gehört zu den Erwartungen, die Gabriele Brieler und ihre Mitstreiterinnen mit dem Wechsel vom Bezirk zum Land verknüpfen.

Außerdem erhoffen sie sich eine bessere Bezahlung und bessere Aufstiegschancen, nachdem sie zuletzt Einbußen hinnehmen mussten: Durch den Wechsel vom alten Bundesangestelltentarif (BAT) hin zum neuen Tarifvertrag der Länder (TVL) sei der Bewährungsaufstieg entfallen und die Bezahlung schlechter geworden, während die Arbeit immer anspruchsvoller werde, beanstanden die Sekretärinnen. In Zeiten der neuen Medien und der neuen Informations- und Kommunikationswege habe sich ihr Berufsbild stark verändert, ohne dass sich dies in der Bezahlung niederschlage. Doch nicht alle Betroffenen sehen dem Wechsel zum Land mit Freude entgegen. „Eine der größten Sorgen ist die Versetzung in eine entlegene Schule“, berichtet Brieler. Bislang konnten die Frauen nur innerhalb der Bezirke versetzt oder zu Vertretungen herangezogen werden, wenn Schulen zusammengelegt wurden oder Kolleginnen erkrankten. Damit ist es vorbei, sobald das „Zuständigkeitsgesetz“ im Sinne der Koalitionsvereinbarung geändert ist. Dann könnten die Frauen theoretisch in der ganzen Stadt eingesetzt werden. Allerdings geht Brieler davon aus, dass die Sekretärinnen einer Region zugeordnet werden und nicht gegen ihren Willen versetzt werden, so wie es auch sonst im öffentlichen Dienst der Fall ist.

In den vergangenen Wochen sind neue Schwierigkeiten aufgetaucht. Betroffene berichten, dass die Schulämter sich weigerten, Fristverträge zu verlängern: Angesichts des absehbaren Wechsels der Berufsgruppe zum Land wollten sich die Bezirke nicht mehr festlegen, bevor nicht klar ist, wie das neue Personalkonzept aussehen soll. Ein Grund mehr, dass die Schulen auf eine schnelle Einigung zwischen Senat und Bezirken hoffen. Denn keine Schule ist arbeitsfähig ohne einen guten Geist, der gleichzeitig Excel-Tabellen fertigen, Papierberge in Schach halten und Erste Hilfe leisten kann.

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