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Schule: Smart erobert die Landstraße

Von der Monokultur zur Mehrproduktmarke – Neben City-Coupé treten Roadster und Roadster-Coupé

Von Ingo von Dahlern

Die meisten haben gelächelt, oft geradezu bedauernd, als das zu DaimlerChrysler gehörende Unternehmen Micro Compact Car (MCC) 1997 auf der IAA in Frankfurt am Main seinen Kleinwagen Smart präsentierte. Denn der Flop dieses im Schatten der Elchtest-Irritationen um die A-Klasse erst nach einer Überarbeitung des Fahrwerks im Juli 1998 in Produktion gegangenen und im Spätherbst schließlich auf dem Markt eingeführten gerade einmal 2,50 Meter langen Zweisitzers mit dem Innenraumangebot eines Mittelklasseautos schien so gut wie programmiert. Sie sollten sich irren, wie auch mancher Konkurrent, der meinte, für einen Zweistzer in diesem Format gebe es in Deutschland und auch jenseits der Grenzen einfach keinen Markt, das Minimum für einen Kleinwagen seien nämlich vier Sitze.

Zwar war der Anlauf dieser dieses in vielen Aspekten „gewöhnungsbedürftigen" Fahrzeugs alles andere als berauschend und verlangte von den MCC-Verantwortlichen viel Optimismus und die Entschlossenheit, allen Widrigkeiten zum Trotz durchzuhalten. Und dann begann der Smart tatsächlich, sich durchzusetzen - immer schneller und zusehends erfolgreicher, so dass er heute aus dem Straßenbild nicht nur in Deutschlands nicht mehr fortzudenken ist. Denn neben Deutschland entwickelte sich Italien zu einem der wichtigsten Märkte für den eigenwilligen Zweitürer, der längst auch viele Käufer in Großbritannien und sogar Japan findet, im Jahr 2000 die Verkaufszahl von 100 000 Fahrzeugen im Jahr überschritt und seitdem von Jahr zu Jahr zweistellige Zuwachsraten erreicht und sich so von einem Mauerblümchen zu einem gleichzeitig völlig klassenlosen Erfolgsmodell gewandelt hat, das bereits in 100 Ländern gefahren wird.

Da überrascht es nicht mehr, dass DaimlerChrysler nun dazu ansetzt, aus der Monokultur Smart City Coupé mit so interessanten Varianten wie dem Cabrio und der völlig offenen Spaßversion Crossblade künftig eine richtige Marke Smart mit mehreren Modellreihen zu machen. Der nächste Schritt auf diesem Weg ist allerdings nicht wieder ein Auto, das wie das City Coupé eine ganz neue Fahrzeugklasse schafft, sondern ein Angebot, das in eine in den letzten Jahrzehnten entstandene und noch nicht wieder geschlossene Lücke zielt - die der preiswerten und sehr kompakten klassischen Roadster, wie sie als puristische "small Roadster" wie zum Beispiel der Austin Healey "Froschauge" vor allem in England gebaut wurden. Gewiß, mit dem MX-5 betreibt die inzwischen unters Ford-Dach gehörende japanische Marke Mazda bereits seit 1989 sehr erfolgreich Schadensbegrenzung auch solche Modelle die der Fiat Barchetta und der MGF und sein Nachfolger haben die zweisitzigen offenen Roadster vor dem Untergang bewahrt.

Nun gesellt sich Smart, wie schon seit Jahren angekündigt und mit ersten Showcars untermalt, zu diesem Kreis und wagt auf der Basis bewährter Smart-Elemente eine sehr moderne Interrpretation des besonders kompakten zweisitzigen Roadsters. Und das auch noch zu durchaus attraktiven Preisen. Denn die dieser Tage in Berlin präsentierten serienreifen Modelle Smart Roadster und Smart Roadster Coupé sind mit einem Einstiegspreis um 15 000 Euro zwei offene Zweisitzer, die für alle, denen es nicht genügt, nur halbwegs problemlos von A nach B zu kommen, mehr als nur einen Blick lohnen. Denn was die neue Marke Smart hier auf die Räder gestellt hat und vom April nächsten Jahres an ausliefern will, scheint nach einer ersten Begegnung durchaus das Potenzial zu haben jene Autofahrer anzusprechen, denen der Weg wichtiger ist als das Ziel, die auf ihrer Fahrt nicht nur auf das Bewältigen einiger Kilometer Entfernung sondern dabei ganz bewusst auch auf Fahrvergnügen setzen und dabei bei sommerlichen Temperaturen auch offen fahren möchten, für die aber solche Modelle aus dem Haus DaimlerChrysler wie der zwar kompakte aber eben auch betont komfortable Mercedes SLK schlicht unerschwinglich sind.

Mit dem Smart Roadster und Roadster-Coupé, die sich vornehmlich durch ihre Heckpartie unterscheiden, hat MCC zwei kleine Sportler auf die Räder gestellt, die mit 790 und 815 Kilo zu den Leichtgewichten in ihrer Klasse gehören - und damit eine der entscheidenen Voraussetzungen für ein besonders agiles Fahrverhalten mitbringen. Denn in Verbindung mit dem bereits beim City-Coupé bewährten und nun auf 0,7 Liter vergrößerten Suprex-Dreizylinder-Turbomotor, der rund 60 kW (82 PS) leistet und bei 3000/min sein höchstes Drehmoment von 110 Nm liefert, ergibt sich ein Leistungsgewicht von 13,2 kg/kW oder 9,6 kg/PS, mit dem die Smart Roadster den britischen Klassikern der 50er- und 60er-Jahre mit Gewichten zwar unter 1000 kg aber Motorleistungen von kaum mehr als 33 kW (45 PS) haushoch überlegen sind.

Daraus erklären sich in Verbindung mit dem bereits im City-Coupé eingesetzten und optimierten sequenziellen automatisierten Schaltgetriebe dann so beachtliche Fahrleistungsdaten wie 10,9 (Roadster) und 11,2 Sekunden (Roadster-Coupé) für den Spurt auf Tempo 100 und maximal 175 km/h bei einem Verbrauch unter 5,5 l/100 km. Sehr flotte kleine Autos also, die bei gerade einmal 3,43 Meter Länge einen mit 2,36 Meter besonders langen und nur vier Zentimeter kürzeren Radstand als der Mercedes SKL haben - und damit natürlich entsprechend kurze Überhänge vorn und hinten. Autos, die mit ihrem zugleich extrem tief liegenden Schwerpunkt ein Go-Karts verwandtes Fahrverhalten versprechen, wobei die angetriebenen Hinterräder beste Voraussetzungen schaffen, auch einmal flott um eine Kurve zu driften. Und das alles trotz des vergleichsweise kleinen Motors. Und dabei bieten diese auf Fahrfreude orientierten Autos trotz ihrer kompakten Außenmaße wie schon das City Coupé für Fahrer und Beifahrer verblüffend viel Platz, wie erste Sitzproben bestätigten. Und zu diesem Platz nach erstem Eindruck auch hohen Sitzkomfort.

Im Unterschied zu den Klassikern gibt es aber auch noch ein wenig Platz für nicht allzu großes Gepäck. Denn in Bug und Heck konnten zwei Kofferräume untergebracht werden - mit einem Volumen von 59 Liter der vordere und 86 Liter beim Smart Roadster und sogar 189 Liter beim Smart Roadster-Coupé der hintere. Denn um Unterschied zum Rodster mit seinem flachen Heckdeckel hat ddas Roadster-Coupé eine Glaskuppel, in der man neben Koffer und Kleidersack auch eine Sporttasche unterbringen kann - und das optimal, wenn man sich für maßgeschneidertes Spezialgepäck entscheidet.

Überzeugend gestaltet hat Smart die Dächer seiner neuen kompakten Sportler. Denn für beide Versionen gibt es entweder ein nur zehn Kilo schweres zweiteiliges Hardtop aus Kunststoff, das sich mit wenigen Handgriffen herausnehmen und im hinteren Kofferraum verstauen lässt oder ein als elektrisch betriebenes Faltdach ausgelegtes Softtop, das sich auch während der Fahrt in jede gewünschte Stellung bringen lässt. Beide Systeme lassen sich übrigens gemeinsam oder auch alternativ nutzen. Und wie das Cabrio des City-Coupés haben auch die Roadster herausnehmbare Dachseitenholme, die im vorderen Kofferraum in speziellen Mulden untergebracht werden können.

Als moderne Roadster setzten bei neuen Smart-Modelle natürlich auf hohe Sicherheit - passiv wie aktiv. Das für Smart so typische Herzstück der passiven Sicherheit ist die auch bei den Roadstern eingesetzte nur 192 Kilogramm schwere stabile Tridion-Sicherheitszelle aus Stahl, die der Karosserie Stabilität gibt und im Falle eines Falles einen Überlebensraum für die Passagiere sichert. Sie ist, wie schon beim City-Coupé, zugleich ein klar erkennbares Gestaltungslement der Roadster, die ebenfalls mit Body Panels aus Kunststoff im Front- und Heckbereich sowie an Türen und Kotflügeln ausgestattet sind und diese Kombination zweier Materialien wie für Smart typisch auch durch zwei unterschiedliche Farben erkennen lassen.

Ein Kernelement der aktiven Sicherheit ist die zur Serienausstattung beider Roadster gehörende Fahrdynamikregelung ESP in Kombination mit ABS mit elektronischer Bremskraftverteilung, Bremsassistent, Anfahrassistent und Kurvenbremskontrolle (Cornering Brake Control) Und neben der Sicherheit kommt auch der Komfort der auf 15-Zoll- und wahlweise auch auf 16-Zoll-Rädern stehenden Roadster nich zu kurz. Denn neben Sportsitzen, Lederlenkrad und Wartungsintervallanzeige sowie auch einer Klimaanlage beim Roadster-Coupé gibt es mit Sportpaket, Sicherheitspaket und Komfortpaket vom Dreispeichen-Sportlenkrad über eine elektrische Servolenkung und Nebelscheinwerfer bis zu beheizbaren Ledersitzen und aufwändigen Sound-Systemen ein breites Angebot von Sonderausstattungen, mit dem man die Smart Roadster individuell gestalten kann.

Die beide Roadster, die im nächsten Jahr erscheinen, sind allerdings nur ein erster Schritt auf dem Weg zur Marke mit mehrerern Modfellreihgen. Denn schon arbeitet man zusammen mit Mitsubishi an einem viersitzigen Smart, der nach den aktuellen Planungen 2004 auf den Markt kommen soll.

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