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Erstmal putzen. Eltern und Schüler der Spartacus-Schule in Friedrichshain richten den Sportplatz her.

© Georg Moritz

Spartacus-Schule in Friedrichshain: Sportschule ohne Sportplatz

Die Spartacus-Schule in Friedrichshain hat den Schwerpunkt Leichtathletik. Doch die Trainingsanlage ist seit 2013 gesperrt. Die Eltern kämpfen - aber verzweifeln an Bürokratie und leeren Kassen.

Das Tor hat zwar kein Netz, aber immerhin, es steht da, man kann es sogar als Tor erkennen. Mit dem Ball kann man zum Beispiel frontal darauf zu rennen, man tritt dann allerdings sehr schnell in ein fast drei Meter langes Loch in der Tartanbahn, in dem schwarze Steine glänzen. Oder man läuft es von der Seite an, dann überquert man einen meterlangen Riss in der Tartanbahn, aus dem Grasbüschel und Löwenzahn sprießen.

Die Kugelstoßanlage ist auch noch da, man kann sie bloß nicht mehr als solche erkennen. Auf der Fläche, wo früher mal die Kugel auf den Boden plumpste, breitet sich dichter Rasen aus. Dazwischen die Spuren eines Grillplatzes. Es gibt auch noch eine Laufbahn, rund um den Platz, ihre verwaschenen Linien sind nahezu komplett von Blättern bedeckt.

So sieht der Sportplatz einer sportorientierten Schule mit dem Schwerpunkt Leichtathletik aus. Auf dieser Fläche sollten die Schüler der Spartacus-Grundschule in Friedrichshain üben.

Sollten. Tun sie aber nicht. Denn Andreas Jendro, Sportlehrer an der Schule, 61 Jahre alt, grauer Bart, steht neben dem Tor und lacht bitter. „Hier ist kein Training möglich“, sagt er. Der Platz war 18 Monate gesperrt, er ist immer noch nicht wirklich nutzbar. Das ist der graue Alltag.

Die schöne Theorie erklärt Beate Stoffers, Pressesprecherin der Bildungsverwaltung. „Grundschulen mit sportbetonten Zügen sollen einen besonderen Beitrag zur Förderung sportlich begabter und sportlich interessierter Kinder leisten.“ Doch 430 sportlich interessierte Schüler der Spartacus-Schule starren auf eine verwilderte Anlage. Und Eltern kämpfen seit Herbst 2013 um Trainingsmöglichkeiten und verzweifelten schon fast an Bürokratie und leeren Kassen.

„Leichtathletik“, sagt Jendro und deutet mit dem Kopf auf die auch am Rand verwucherte Weitsprunganlage, „können wir eigentlich nur in der Halle betreiben.“ Hallen-Leichtathletik sieht so aus: 20-Meter-Sprints und Schlagbälle, die gegen eine Trennwand gepfeffert werden. Und das in einer Schule, in der Schüler von der dritten bis zur sechsten Klasse drei Sportstunden zusätzlich haben.

Gebaut wurde der Sportplatz in seiner jetzigen Form – mit Rundbahn, 50-Meter-Strecke, Weitsprunganlage – 1997 für 200 000 Mark. Damals lag die Anlage in der Verantwortung des Grünflächenamts. Daran änderte sich auch nichts, als von 1997 an mehrere Schulen auf der Anlage Sportunterricht hatten. Das Schulamt hatte dort also wenig Einfluss.

Das Grünflächenamt entfernte Wildkräuter, pflegte den Rasen und reinigte die Anlage. Weitere Reparaturmaßnahmen erfolgten nicht. Doch im Herbst 2013, alarmiert durch diverse Schäden, rückte der TÜV an und reagierte sofort: Der Platz musste aus Sicherheitsgründen umgehend geschlossen werden. Eine Komplett-Sanierung hätte rund 200 000 bis 240 000 Euro gekostet. Doch so viel Geld hatte das Grünflächenamt nicht, also blieb die Anlage geschlossen. Sportunterricht musste halt an anderen Orten stattfinden, irgendwo. Zwei betroffene Schulen zogen deshalb zeitweise auf den Sportplatz, der auf dem Dach eines Handelskonzerns errichtet worden war.

Die Eltern organisieren eine Putzaktion

Wenigstens 30 000 Euro stellte das Grünflächenamt doch zur Verfügung. Damit sollten wenigstens die gröbsten Mängel abgestellt werden. Eigentlich genügend Geld, damit wenigstens Sportunterricht wieder möglich gewesen wäre. Doch Jendro hat von Verbesserungen nicht viel gemerkt: „Der Sand in der Weitsprunggrube ist ausgetauscht worden, aber viel mehr nicht.“ Im Juni 2014 dann eine neue Entwicklung: Der Platz wurde wieder geöffnet. Genau eine Woche lang. Dann hing ein neues Schloss an der Tür des Zauns, und der Zutritt war erneut verboten. Das Verletzungsrisiko war zu groß. Die frustrierten Eltern schrieben Briefe, sie führten Gespräche, sie schalteten Bezirkspolitiker ein, es nützte wenig. Das Grünflächenamt hatte kein Geld, das Tor blieb verschlossen, die Schüler schoben weiter Frust.

Der SPD-Bezirksabgeordnete Max Pufer wollte vom Bau- und Planungsamt des Bezirks wissen, „wie das Bezirksamt die Schließung des Sportplatzes vor dem Hintergrund bewertet, dass die Spartacus-Schule sportbetont ist“. Antwort: Eine solche Schule „erhält keine zusätzliche Ausstattung im Sportbereich“. Anders ausgedrückt: Pech gehabt. Immerhin prüfe das Bezirksamt, „ob eine für den Sport nutzbare Fläche (...) zur Verfügung gestellt und entsprechend baulich hergerichtet werden kann“.

Sie konnte nicht. Der Platz blieb gesperrt, die Lehrer und Schüler mussten zum Leichtathletik-Training in den Volkspark Friedrichshain ausweichen. Dort gibt es Laufstrecken, doch so weit entfernt, sagt Jendro, „dass man nur in einer Doppelstunde Sport geben kann“.

Erst jetzt zeichnet sich eine kleine Lösung ab. In einer Wohnung direkt neben dem Platz sitzen Tina und Stefan Profit. Sie haben zwei Kinder in der Spartacus-Schule, sie haben maßgeblichen Anteil daran, dass in Kürze möglicherweise wenigstens ein Teil des Platzes genutzt werden kann. Im März hatte völlig unerwartet das Schulamt die Verantwortung über das Biotop übertragen bekommen. Kurz darauf erhielten Eltern die Nachricht, dass sie einen Schlüssel fürs Gelände bekommen.

Damit verbunden war aber auch die Botschaft: Kümmert euch erst mal selber um die Anlage. Die Profits organisierten deshalb eine Reinigungsaktion. Am vergangenen Sonnabend rückte ein 60-köpfiger Putztrupp, bestehend aus 40 Erwachsenen und 20 Kindern, an. Am Ende der Aktion waren die Weitsprunganlage und die 50-Meter-Strecke für Sport wenigstens wieder einigermaßen geeignet. Sogar das Moos auf den Linien zum Schlagball ist verschwunden.

Aber der Einsatz mit Rechen und Besen reicht nicht aus. „Die Tartanbahn bleibt in großen Teilen sanierungsbedürftig“, sagt Tina Profit. Und wer pflegt die Anlage danach? Gute Frage, die Profits wissen es nicht. Ohnehin muss noch offiziell geprüft werden, ob Kinder wieder bedenkenlos auf den Platz können. Auf ein Drittel des Platzes, genau gesagt. Der Rest bleibt No-Sports-Area.

Verschwunden ist aber nicht bloß das Moos auf den Linien. Im dichten Gebüsch neben der Laufbahn hatte ein Obdachloser sein Zelt aufgebaut und sich häuslich niedergelassen. Jetzt ist die Stoff-Unterkunft weg.

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