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Schule: Spiel ohne Grenzen

Rapper Peter Fox fördert ein Musikprojekt der Hunsrück-Schule – als Nachbar und Schirmherr

An den Abend, an dem sie die Nachricht bekam, kann sich Selin* noch gut erinnern. Ihre Mutter kam in ihr Zimmer und sagte, dass sie künftig am Klavierunterricht teilnehmen könne, der an ihrer Schule angeboten wird. Auf diesen Platz hatte sie mehrere Monate gewartet. „Ich war so aufgeregt vor Freude, dass ich die ganze Nacht nicht schlafen konnte“, sagt Selin. Seit März lernt die Neunjährige nun Klavierspielen, immer mittwochs eine halbe Stunde, zusammen mit ihrer Freundin Dilara*.

Selbstverständlich ist das nicht, eigentlich können sich Selins Eltern den teuren Unterricht nicht leisten, der an der Hunsrück-Grundschule in Kreuzberg zusätzlich zum regulären Musikunterricht innerhalb der Ganztagsbetreuung angeboten wird. Zu verdanken hat sie ihn einer Elterninitiative, die Ende 2007 das Projekt „Musik macht uns gemeinsam stark“ organisierte. Es bietet 90 Kindern der Schule die Chance, verschiedene Instrumente zu erlernen oder im professionell geleiteten Chor zu singen.

Die Hälfte der Plätze, die pro Jahr bis zu 600 Euro kosten, ist durch die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung gefördert – die restlichen Teilnehmer bezahlen den Unterricht privat. Von dem Geld werden Instrumente angeschafft und Musiklehrer bezahlt. Um alles Weitere kümmern sich die Eltern: Sie organisieren die Aufsicht im Probenraum, damit die Kinder zusätzlich üben können. Ein Vater, gelernter Toningenieur, nimmt einmal im Jahr eine CD mit ihnen auf, die zu verschiedenen Schulanlässen verkauft wird.

Rektor Mario Dobe weiß, dass es anders kaum zu schaffen wäre, denn der Senat gestattet die Einrichtung neuer Schulen mit musikalischem Schwerpunkt aufgrund ausgeschöpfter Etats nicht mehr: „Es ist mit den personellen Bedingungen in der Schule nicht möglich, ein solches Projekt am Leben zu halten. Schule kann aber einem solchen Projekt organisatorische Unterstützung und Räume geben.“ Seitdem es das Musikprojekt gibt, herrsche eine „tolle Stimmung“, sagt Dobe, besonders seit Rapper Peter Fox im März die Schirmherrschaft übernommen hat.

„Die Kinder wirken ausgeglichener, es gibt weniger Kabbeleien – daran hat das Projekt seinen Anteil“, sagt Dobe. Sie würden dadurch Erfahrungen sammeln, die für ihre Persönlichkeitsentwicklung wichtig sind. „Das hat auch Auswirkungen auf das schulische Lernen.“ Klavierlehrerin Deborah Klein hat beobachtet, dass die Teilnehmer des Förderprogramms ein bisschen motivierter sind als die Kinder, deren Eltern den Unterricht privat bezahlen. „Sie haben mitbekommen, dass um ihren Platz gekämpft werden musste.“

Zweimal jährlich finden Schulkonzerte statt. „Die Kinder freuen sich immer schon Wochen vorher darauf und sind ganz stolz, einmal im Mittelpunkt zu stehen“, sagt Annett Kowalski. Sie ist die Initiatorin des Musikprojekts. Sie sagt, sie habe ihrer Tochter damit zeigen wollen, dass man gerade in Zeiten wie diesen, in denen die Kluft zwischen Arm und Reich größer wird, nicht in soziale Gleichgültigkeit verfallen dürfe.

Ungewiss ist jedoch, ob das Projekt nach den Sommerferien fortgeführt werden kann. Dann läuft die Förderung aus, die weitere Finanzierung ist noch nicht gesichert. Es sei schwierig, sich um Fördergelder zu bewerben, sagt Annett Kowalski. Die meisten Stiftungen würden nur befristete Projekte unterstützen. „Musik macht uns gemeinsam stark“ soll aber fortlaufend angeboten werden. „Wir scheitern meist an formellen Kriterien.“

Deshalb soll nun eine neue Finanzierungsmöglichkeit her. Die Idee: ein Paten-Modell, bei dem Menschen die Patenschaft für einen Musikschüler übernehmen. Als Dankeschön sollen sie zu den Schulkonzerten eingeladen werden und selbst aufgenommene Musik-CDs erhalten. Zusätzlich versucht auch Schirmherr Peter Fox das Projekt zu unterstützen, indem er bei seinen Konzerten dafür sammelt. Er engagiert sich, „weil die Schule direkt bei mir um die Ecke ist und weil ich weiß, dass die Situation an den Schulen hier im Kiez nicht so einfach ist“.

Maria*, acht Jahre alt und Schülerin der dritten Klasse, ist bereits zweimal auf den Konzerten der Schule aufgetreten. Ihre Eltern bezahlen den Unterricht selbst. Erst hat sie Blockflöte gelernt, vor einem halben Jahr ist sie auf Klavier umgestiegen. Viele Mitschüler ihrer Klasse nehmen ebenfalls am Musikunterricht teil, ob privat oder gefördert, das weiß Maria nicht, und es spielt für sie auch keine Rolle. Anderes ist für sie im Moment wichtiger, die Berufswahl nämlich: Maria will Fußballspielerin werden, „aber nebenbei muss man ja auch was Ordentliches machen“, sagt sie. Deshalb nimmt sie den Klavierunterricht.

* Name von der Redaktion geändert

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