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Schon 45 Prozent der Berliner Sechsklässler wechseln nach der Grundschule zum Gymnasium. Die große Mehrheit kann sich dort behaupten.

© Doris Spiekermann-Klaas

Vergleichsstudie in Berlin: Stabile Leistungen trotz Reformmarathon

Eine neue Untersuchung bescheinigt den Berliner Schulreformen positive Effekte. Das Losverfahren und die Abschaffung des Sitzenbleibens in der Sekundarschule sind aber weiterhin strittig. Gute Aussichten für Geschwisterkinder.

Das nennt man wohl einen Freudentag für Berlins reformfreudige Schulpolitiker: Sie bekamen am Montag bescheinigt, vieles richtig gemacht zu haben. Das jedenfalls ist das Zwischenergebnis der am Montag vorgestellten „Berlin-Studie“ über einige Folgen der hiesigen Schulreformen.
Ein Teil der Untersuchung bestand darin, dass die Leistungen zweier verschiedener Jahrgänge von Sechstklässlern verglichen wurden. Der erste Jahrgang befand sich 2005 in der sechsten Klasse, der zweite Jahrgang 2011. Dieser Jahrgang hatte es in sich: Seine Schüler hatten die Grundschulreform zu verkraften und waren die ersten, für die das Losverfahren beim Übergang zur Oberschule galt. Obwohl sie im Schnitt fünf Monate jünger waren, schnitten sie beim Lesen etwas besser ab als der Vorgängerjahrgang. Beim Rechnen war das Niveau gleich, im Englischen etwas schlechter.
„Vielleicht liegt die Verbesserung an der verstärkten Leseförderung, die nach Pisa eingesetzt hatte, oder am ausgebauten Ganztagsunterricht“, vermutet Inge Hirschmann vom Grundschulverband. Welche Rolle die frühe Schulpflicht spielte, blieb unklar. Auch die Frage, warum die Englischkenntnisse schlechter wurden, könne anhand der Studie nicht beantwortet werden, sagte Kai Maaz von der Uni Potsdam.
Bildungsforscher Jürgen Baumert bescheinigte den Berliner Grundschulpädagogen, dass sie es – einzigartig in Deutschland – schaffen, die Schülerleistung unabhängig von ihrer sozialen Herkunft zu beurteilen. Zudem lobte er, dass der Anteil der Schüler, die auf das Gymnasium übergingen, zwischen 2005 und 2011 von 37 auf 45 Prozent gestiegen ist und zwar „bei einheitlichen Gütemaßstäben“. Es gebe also mehr Schüler, die die Anforderungen des Gymnasiums erfüllen, obwohl diese konstant geblieben seien, führte Baumert aus. Der Anteil der Privatschüler stieg in den sechs Jahren von sechs auf neun Prozent. Dies müsse der Senat "beobachten", empfiehlt Baumert.
Auf die Frage, warum Berlins Schüler trotz der Fortschritte weiterhin zu den bundesweit schwächsten gehören, sagte Baumert, dass Berlin eben nicht mit den Flächen-, sondern mit den Stadtstaaten verglichen werden müsse. Zudem brauchten solche Prozesse eben viel Zeit.

Ob der Reformjahrgang auch bei den Abschlüssen nach Klasse 10 besser dasteht, werden die Forscher noch untersuchen. Zudem wollen sie noch auf die Spur der Schüler gehen, die im Probejahr scheitern.
Ein weiteres Ergebnis der Berlin-Studie ist eine „hohe Akzeptanz“ für die Abschaffung der Hauptschulen und die inzwischen existierende Zweigliedrigkeit mit den neuen Sekundarschulen neben den Gymnasium, wie Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) hervorhob. Kritik gebe es allerdings am Losverfahren und an der Abschaffung der Klassenwiederholungen in der Sekundarschule. Dennoch will die Koalition an beidem festhalten. Veränderungen gibt es aber an zwei anderen Punkten. So soll es künftig ein verpflichtendes Beratungsgespräch geben, wenn Eltern ihr Kind trotz eines Zensurenschnitts jenseits der 3,0 auf ein Gymnasium schicken wollen. Zudem sollen ab 2014 Geschwisterkinder bevorzugt aufgenommen werden, wenn es mehr Bewerber als Plätze gibt. Das hatte die CDU in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben.

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