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Gute Lehrer braucht die Stadt. Die Ausbildung soll näher an die Praxis rücken. Schulen und Universitäten werden dadurch zur Zusammenarbeit gezwungen.

© ddp

Studium: Mehr Praxis fürs Lehramt

Lehramtsstudierende sollen Praxissemester an Schulen einlegen. Außerdem sind Eignungstests für Abiturienten geplant, die den Lehrberuf anstreben.

Die Ausbildung der Berliner Lehrer wird umgekrempelt. In Zukunft werden sich die Studierenden in einem ganzen Praxissemester auf die Schule vorbereiten, um im Referendariat nicht länger den Praxisschock erleiden zu müssen. Abiturienten, die Lehrer werden wollen, sollen eine Eignungsfeststellung durchlaufen. Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) denkt auch über ein neues großes Berliner Lehrerbildungszentrum nach, eine „School of Education“.

Scheeres stellte am gestrigen Freitag die Expertenkommission vor, die ihr bis zum September Empfehlungen vorlegen soll. Geleitet wird die neunköpfige Gruppe auswärtiger Professoren von keinem geringeren als dem „Pisa-Papst“ Jürgen Baumert, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin, der zu den bedeutendsten Erziehungswissenschaftlern Deutschlands zählt. „Die Lehrer brauchen Kompetenz beim Umgang mit Vielfalt“, sagte Scheeres. Die Ausbildung müsse darauf reagieren.

Das neue Praxissemester soll Universitäten und Schulen dazu zwingen, bei der Ausbildung miteinander zu kooperieren, sagte Baumert. Bislang hätten sich die Studierenden und Referendare immer über die „Nahtstelle“ beklagt, die das Studium von der Ausbildung in der Schule trennt. Wie die Eignungstests für Lehramtsstudierende aussehen können, ist noch offen. Bislang gebe es keinen verlässlichen Weg, die Eignung für den Lehrerberuf festzustellen, sagte Baumert. Denkbar sei ein Fragebogen und eine gute Beratung, die den Studieninteressierten bei ihrer Selbsteinschätzung helfen. Dass vom Studium ausgeschlossen wird, wer im Eignungstest durchfällt, verbietet die Verfassung ohnehin: Sie garantiert die Freiheit der Berufswahl. Die Kommission soll auch darüber nachdenken, wie sich Quereinsteiger leichter gewinnen lassen, um dem Lehrermangel zu begegnen. Auch eine eigene Ausbildung für Grundschullehrer soll geschaffen werden.

Streit mit den Universitäten könnte es um die mögliche „School of Education“ geben. Freie Universität (FU) und Humboldt-Universität (HU) pochen auf ihre Autonomie, auch in der Lehrerausbildung. Die Humboldt-Universität geht sogar mit einer eigenen „School of Education“ in den Exzellenzwettbewerb, der im Juni entschieden wird: „Wir sehen es kritisch, wenn Bereiche, die den Universitäten obliegen, herausgezogen werden“, sagte eine Sprecherin der HU auf Anfrage. Scheeres und Baumert halten es ob solcher Widerstände auch für möglich, dass es am Ende nicht nur eine zentrale Lehrerfakultät geben wird, sondern die Lehrerzentren der Unis erhalten bleiben.

Baumert findet den Zeitpunkt für eine große Reform gut. Berlin habe sich bundesweit mit seiner neuen zweigliedrigen Schulstruktur an die Spitze gesetzt. Und im Koalitionsvertrag versprechen SPD und CDU, dass bald alle Lehramtsstudierenden zwei Jahre im Masterstudium und 18 Monate im Referendariat auf die Schule vorbereitet werden. Bislang hängt die Länge der Ausbildung von der gewählten Schullaufbahn ab.

In den nächsten zwei Jahren werde das Lehrerbildungsgesetz entsprechend geändert, sagte Scheeres.

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