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Studium: Mobilität wird bestraft

Kleinkarierte Regelungen behindern Studierende.

Oft sagen Politiker, dass sie sich mobile Studierende wünschen. In Wirklichkeit stehen Studierende jedoch nicht erst vor Hürden, wenn sie im Ausland erbrachte Studienleistungen zu Hause anerkennen lassen wollen. Bestraft wird Beweglichkeit schon innerhalb Deutschlands. Da die Hochschulen ihre eigenen Angebote für besonders gut, ja einzigartig halten, zieren sie sich oft, Leistungsnachweise anderer Hochschulen zu akzeptieren. Bestraft wird studentische Mobilität aber auch von manchen Bundesländern, die Zeugnissen aus anderen Teilen Deutschlands mit so viel Misstrauen begegnen, als seien diese von einer entfernten Bananenrepublik ausgestellt worden.

Entsprechende Erfahrungen musste gerade der Student Karsten Preiß machen. Preiß hat im Jahr 2003 ein Diplom an der Deutschen Sporthochschule in Köln erworben. Der Abschluss wird in Nordrhein-Westfalen als Teilprüfung für sämtliche Lehrämter anerkannt – so steht es auf Preiß’ Diplom-Zeugnis. Das heißt, mit dem Kölner Sportdiplom kann Preiß sich fürs erste Staatsexamen anmelden, wenn er noch Kurse in Erziehungswissenschaft belegt und ein zweites Fach studiert.

Das hat Preiß, der sich erst spät dazu entschloss, Lehrer zu werden, getan. Im Jahr 2004 schrieb er sich für ein Lehramtsstudium im Fach Latein an der Humboldt-Universität ein und machte seine Scheine in Erziehungswissenschaft – immer in der Annahme, Berlin werde nicht anders als NRW sein Kölner Sportdiplom anerkennen. Erst am Beginn diesen Jahres, als Preiß im Vorfeld seiner Abschlussprüfungen in Latein Kontakt zum Berliner Prüfungsamt für Lehramtsprüfungen aufnahm, kam die böse Überraschung: Das Kölner Diplom könne in Berlin nur das Grundstudium ersetzen, hieß es. Preiß müsse das Hauptstudium nach Berliner Vorschriften erneut studieren.

Preiß kann nicht glauben, dass Berlin strengere Maßstäbe anlegt als etwa Baden-Württemberg, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein, die sein Kölner Sportdiplom nicht anders als NRW als Teilprüfung zum Staatsexamen anerkennen würden, wie er herausfand. Der Student verweist auch auf den akuten Mangel an Lateinlehrern in Berlin.

Doch auch Preiß’ Versuch, den Schulsenator auf seinen Fall aufmerksam zu machen, half nichts. Wochenlang erhielt der Student aus der Schulverwaltung keine Auskunft. Auf seine telefonische Nachfrage antwortete das Landesamt schließlich wie schon im Winter: Das Kölner Diplom ist in Berlin nur so viel wert wie ein Grundstudium. Es fehlten Leistungen der Fachdidaktik. Dass Preiß an der HU sämtliche im Berliner Lehrer-Sportstudium nötigen Fachdidaktik-Scheine gemacht hat, beeindruckte die Behörde nicht. Auch nicht, dass Preiß viel Zeit verlöre, müsste er das gesamte Hauptstudium in Sport wiederholen. Schließlich sind die Kurse an der HU oft überbucht, so dass Studierende auf der Stelle treten.

Inzwischen hat der Student sich deshalb entschlossen, lieber in NRW Examen zu machen. Allerdings erhielt er von der Uni Köln eine Abfuhr: Sie könne bestenfalls nur Teile seines Berliner Lateinstudiums anerkennen. Positive Signale hört Preiß nun jedoch aus Bochum. Gelingt es ihm, dort einen Lateinprüfer aufzutreiben, könnte er sein erstes Staatsexamen in NRW ablegen. Dieses würde dann auch in Berlin anerkannt – selbst wenn es auf dem aus Berliner Sicht inakzeptablen Kölner Sportdiplom beruht.

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