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Tempelhofer Feld: Ein Sommer Einsamkeit

Wie die Pioniere und ihre Projekte auf dem schier endlosen Flugfeld Tempelhof mit Witterung, Besucherzahlen und fehlender Konkurrenz zu kämpfen haben. Ein Bericht aus dem Nirwana mitten in Berlin.

Vom 23. bis zum 27. Juli waren Schüler und Schülerinnen aus verschiedenen Berliner Gymnasien beim Tagesspiegel, um in einem Sommerkurs mehr über Journalismus zu erfahren. Die 16- bis 18-Jährigen erlebten Redakteure bei der Arbeit, nahmen an Schreibworkshops teil und recherchierten und verfassten eigene Artikel, zu Themen, die sie sich selbst ausgesucht haben. Hier lesen Sie die Ergebnisse.

Es ist sehr heiß an diesem Mittwochnachmittag, als ich auf das ehemalige Flugfeld des Flughafen Tempelhof laufe und die Luft flimmert in der Hitze über den Startbahnen. Ausgerüstet mit Sonnencreme und Strohhut mache ich mich auf die Suche nach Pionierprojekten  und Infoständen, doch es herrscht gähnende Leere.

Also stapfe ich zum Infopavillon in der Mitte des 303 Hektar großen Geländes. Der Pavillon, gesponsert von der Grün Berlin GmbH, welche die Anlage 2008 nach der Schließung des Flughafens übernimmt, soll  Zukunftsvisionen veranschaulichen. Auf ihrer Internetseite für die „Tempelhofer Freiheit“ wirbt die senatsnahe Grün Berlin GmbH, mit 29 von ihnen ausgewählten Pionierprojekten zur „bürgerorientierten Zwischennutzung“. Auf den Plakaten im Pavillon zähle ich 16. Beworben hatten sich trotz windiger Lage und der Abwesenheit von Strom und fließend Wasser  über 200. Warum sind so wenige davon übriggeblieben, frage ich Christoph, der seinen vollen Namen nicht  nennen möchte, auch Pionier und Mitinitiator des „Nuture Art“ Minigolfplatz, der in der Nähe des Infopavillons mit als Kunstwerken getarnten Minigolfbahnen lockt. Die Hauptgründe seien die viel zu komplizierte Antragsstellung und die lange Wartezeit von einem Jahr auf einen Festvertrag. Auch der Pachtpreis von einem Euro pro Quadratmeter und Monat, welcher vergleichsweise niedrig erscheint, ist bei der abnehmenden Nutzung der Projekte, von den Pionieren nur noch mit Mühe zu stemmen. Grün Berlin preist zwar mit ansteigenden Besucherzahlen, jedoch stammen die Zahlen aus letzter Saison. Jörg, der den Minigolfplatz mit aufgebaut hat, sieht auch ein weiteres Problem in der räumlichen Verteilung der Projekte.“ Von den Pionieren sind nur noch wenige übrig, also stehen wir hier sozusagen ganz alleine. Klar, kommt niemand nur zum Minigolfen extra hierher.“ Das Problem: den Pionieren sind weit voneinander entfernte Areale zugewiesen (insgesamt 3) auf einem Feld dessen Ende und Anfang mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen ist. Während ich also vom Minigolfen zum Segway-stand laufe, um mir ein fahrbaren Untersatz zu besorgen, lege ich gefühlte 3 Kilometer an Weg zu Fuß zurück.

Mittlerweile habe ich einen mittelprächtigen Sonnenbrand entwickelt, trotz Lichtschutzfaktor 30. Schatten? Bäume? Fehlanzeige. Im Alternativen Pionierprojekt „Stadtteilgarten Schillerkiez“ ruhe ich mich aus und brutzele weiter im  unerbittlichen Sonnenschein. Auf der Webseite der Grün Berlin ist das Projekt als „den kritischen Dialog suchend“ beschrieben. Fakt ist: Es ist eine Art Untergrund- Bewegung gegen steigende Mietpreise, Gentrifizierung und den Bau unnötiger Gebäudekomplexe auf dem Flugfeld. Auf ihrem „Schwarzen Brett“ freuen sie sich in Artikeln über abgesprungene Investoren für Bauprojekte und das Scheitern des IGA-Projekts auf dem Flugfeld. Die Pioniere   sind mir Ad-hoc sympathisch.

Generell wünschen sich alle Pioniere für die Zukunft besser informiert zu werden über geplante (Bau-)Projekte. Aber auch die Besucher müssten schon an den Eingängen Flyer über die Pionierprojekte erhalten. Fließend Wasser und Strom sind natürlich auch ganz wichtig. Ich wünsche mir vor allen Dingen mehr Schatten und Klohäuschen!  

Esther Kaehne

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