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Kopftuch als Bankerin? Schülerinnen des Albert-Schweitzer-Gymnasiums. Foto: Zinken

© Paul Zinken

Unterstützung von Führungskräften: Mentorenprogramm für Neuköllner Abiturienten

Führungskräfte schenkten Schülern Zeit und erzählen aus ihren Karrieren. Gerade in Neukölln sind solche Programme besonders wichtig.

Muss man gut in Mathe sein, um einen Job bei einer Bank zu bekommen? Die 17-jährige Dilara, die das wissen möchte, hat zwar die Leistungskurse Biologie und Deutsch – jetzt sitzt sie aber an dem Tisch, auf dem ein Schild mit der Aufschrift „Banken“ steht. Ihre Freundin will wissen, ob sie bei der Arbeit in einer Bank ihr Kopftuch tragen könne. Wolfgang von Eckartsberg, Anzug, Krawatte, Schnurrbart, sitzt ihnen gegenüber und antwortet mit ruhiger Stimme. Ihm sei nicht bekannt, dass Kopftücher in Banken ein Problem seien, sagt er. Aber ganz ohne Rechnen gehe es dort natürlich nicht.

Von Eckartsberg hat lange als Banker in Lateinamerika und Spanien gearbeitet und war Direktor der Deutschen Bank in Berlin. Jetzt ist er Präsident des Rotary-Clubs Tiergarten – und einer der Mentoren des Programms „Auf die Socken, fertig, los!“, das unter der Schirmherrschaft von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder erstmals in Neukölln stattfindet. Führungskräfte aus der Wirtschaft sollen den Abiturienten des Albert-Schweitzer-Gymnasiums Einblicke in ihre Unternehmen geben, ihnen erklären, wie die Arbeit dort aussieht und von ihren eigenen Karrieren erzählen.

Pharmaunternehmen sind gekommen, ein Versicherungskonzern – und auch die Bundeswehr. Etwa zehn Jugendliche umringen den Tisch, an dem drei Soldaten in grauen Uniformen sitzen. Vor ihnen liegen Informationsbroschüren, Schlüsselanhänger und Döschen mit Pfefferminzbonbons. Die angehenden Abiturienten hören aufmerksam zu, wie ihr Mitschüler Emre Sirim sich erklären lässt, welche Ausbildungsmöglichkeiten die Bundeswehr bietet.

Das Schulprogramm des Albert-Schweitzer-Gymnasiums enthält zwar Betriebsbesichtigungen und Praktika. Das Mentorenprogramm soll aber helfen, ein anderes Defizit zu beheben, sagt Bildungsstadträtin Franziska Giffey: „Gerade in Neukölln bekommen die Schüler nicht so viel Unterstützung von zu Hause. Oft können die Eltern wegen ihrer eigenen Bildungsbiografie bestimmte Ratschläge gar nicht geben.“ Deshalb sei es sehr wertvoll, wenn Fachkräfte aus der Wirtschaft den Jugendlichen Zeit schenkten.

Abiturient Emre sieht das genauso: „Viele haben noch gar keine Vorstellung, was sie nach der Schule machen wollen“, sagt er. Er selbst interessiert sich zwar für ein Jurastudium, aber das sei nur ein „grober Gedanke“. Und die Bundeswehr? Das Gespräch sei „überzeugend“ gewesen, sagt Emre.

Alle Unwägbarkeiten können an diesem Abend nicht geklärt werden – auch wenn viele Schüler das gerne hätten, wie der ehemalige Banker Eckartsberg nach den Gesprächen resümiert: „Die meisten wollten am liebsten eine ganz eindeutige Prognose über ihren Werdegang.“ Er hat ihnen dann erzählt, dass er selbst eigentlich gar kein Banker werden wollte.

Christian Helten

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