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Kurt Wilhelmi, 50, ist Organisator der Volksinitiative „Schule in Freiheit“, die in den letzten Monaten mehr als 24.000 Unterschriften gesammelt hat. Mit ihm sprach Patricia Hecht.

© Doris Spiekermann-Klaas

Volksinitiative: "Der Staat steht den Schulen im Weg"

Der Organisator der Volksinitiative "Schule in Freiheit" will den Wettbewerb unterschiedlicher Bildungskonzepte anregen.

Die Organisation „Omnibus für Direkte Demokratie“ hat in den letzten Monaten rund 24 000 Unterschriften für ihre Volksinitiative „Schule in Freiheit“ gesammelt. Die Initiative ist nicht mit dem dreistufigen Verfahren zu verwechseln, das zu einem Volksentscheid führt. Sie zielt darauf, ein Rederecht im Abgeordnetenhaus zu erwerben. Fünf Vertreter von „Schule in Freiheit“, darunter Kurt Wilhelmi, werden dieses am Donnerstag wahrnehmen.

Herr Wilhelmi, warum beschäftigt sich der „Omnibus für Direkte Demokratie“ gerade mit Schulen?
Damit sich unsere Demokratie gut entwickeln kann, müssen die Schulen sich und ihre Arbeit selbst bestimmen können.

Deshalb fordern Sie etwa, Schulen in freier Trägerschaft dieselbe Finanzierung wie staatlichen Schulen zukommen zu lassen. Wozu würde das führen?
Wir wollen den Privatcharakter dieser Schulen überwinden. Schulen in freier Trägerschaft sind Initiativen der Zivilgesellschaft. Hier haben Menschen eine Überzeugung und übernehmen mit Freude und Engagement Verantwortung. Das ist etwas Gutes, und trotzdem wird es sehr schlecht finanziert.

Bislang gelten Privatschulen häufig als Eliteschulen.
Dieser Schuh wäre abgestreift. Mit einer gleichberechtigten Finanzierung bräuchten die Schulen in freier Trägerschaft kein Schulgeld mehr erheben und wären unabhängig vom Einkommen der Eltern öffentlich zugänglich.

Ihre zweite Forderung betrifft mehr organisatorische Selbständigkeit staatlicher Schulen. Wie weit sollte die gehen?
Die staatlichen Schulen sollen sich ihr Personal selbst aussuchen, unkompliziert einstellen und besonders auch finanziell eigenständig sein. Heute wird in den staatlichen Schulen noch viel vom Land Berlin oder den Bezirken verordnet und verwaltet. Da sollte es mehr Selbständigkeit geben. Der Staat steht den Schulen organisatorisch wie inhaltlich im Weg.

Auch inhaltlich sollte sich der Staat Ihrer Meinung nach aus Schulen heraushalten. Was genau heißt das?
Die inhaltliche Einflussnahme des Staates schadet der kreativen Entwicklung. Die Schulen sollten aus ihrer pädagogischen Erfahrung und Überzeugung heraus eigenständig die Lehrpläne und die Abschlussprüfungen entwickeln können.

Wer würde diese Abschlüsse anerkennen?
Die Hochschulen. Sie könnten viel mehr Studenten unabhängig vom Abitur aufnehmen. Auf welche Weise, sollen sie selbst entscheiden.

Wären die Abschlüsse noch vergleichbar?
Momentan wird versucht, Einheitlichkeit und Vergleichbarkeit insbesondere über die Notengebung herzustellen. Aber wollen wir das und entspricht uns das? Vielleicht kommt es ja gerade darauf an, dass jeder Mensch einzigartig ist. Schule sollte gerade dazu da sein, dass jeder seine Einzigartigkeit, seine individuellen Fähigkeiten bestmöglich herausbilden kann, um sie dann auch im Beruf einsetzen zu können – zur Bereicherung des gesellschaftlichen Ganzen.

Soll es denn gar keine Vorgaben mehr für die Schulen geben?
Doch. Ich halte es durchaus für sinnvoll, dass wir kulturelle Standards definieren, die für alle Schulen gelten und die in allen Schulen eingehalten werden sollen. Die passen vielleicht sogar auf zwei oder drei Seiten. Das wäre dann eine gesellschaftlich gestaltete Grundlage, auf der die Schulen frei arbeiten können.

Wer würde diese Standards festlegen?
Daran sollten alle Bürger gemeinsam arbeiten können – entweder über das Parlament oder durch Volksabstimmungen mit den dazugehörigen Diskussionen.

Eltern müssten sich mit den verschiedenen Schul-Konzepten auseinander setzen. Das würden nur bildungsorientierte Eltern tun. Wo bleiben die bildungsfernen
Ich denke, dass letztlich alle Eltern ein Interesse daran haben, dass ihr Kind auf eine gute Schule geht. Wenn es das Angebot und die Auswahl gibt, entscheiden sich Eltern für eine Schule, von der sie denken, dass sie dem Kind gut tut.

Was möchten Sie am Donnerstag erreichen?
Wir wünschen uns ein gutes Gespräch und dass der Schulausschuss unsere Forderungen beschließt – im Sinne eines Kompasses, der anzeigt, wohin die Reise in Zukunft gehen soll.

Abgeordnetenhaus von Berlin, Niederkirchnerstr. 5, Mitte, 13-16 Uhr im Schulausschuss. Eine Anmeldung unter 42 80 43 90 ist erforderlich.

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