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Schule: Vom Pionier zum Global Player

Vor 80 Jahren wurde das erste deutsche Ford-Werk in Berlin eröffnet

Was haben eine Jeans, Paketbänder, Schaumstoff und Plastikschraubverschlüsse mit Autos zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht nicht viel, bei Ford allerdings schon. Sie gehören zu den 15 000 Tonnen Altmaterial, die in Europa jährlich in neuen Ford-Modellen Verwendung finden.

Als Henry Ford im Jahre 1896 das erste Auto in der Neuen Welt baute, hat er sich um Recycling wahrscheinlich keine großen Gedanken gemacht. Mittlerweile ist die Wiederverwertung von Altmaterial in der Automobilindustrie sehr wohl ein Thema – und Ford zählt hier wie schon öfter in seiner langen Tradition zu den Vorreitern. Vor 80 Jahren wurde das erste deutsche Fordwerk in Berlin eröffnet. Und wie ein kleiner Rückblick zeigt, zählte Ford damals wie heute zu den Pionieren im Automobilbau.

1903 hatte Henry Ford in Detroit die Ford Motor Company gegründet. Autos sollten damals vor allem eins sein: leicht und stabil. Das T-Modell „Tin-Lizzy“, das 1908 erstmals vom Band rollte, erfüllte genau diese Anforderungen und war ein Millionenseller. 15,5 Millionen Tin-Lizzies wurden zwischen 1908 und 1928 produziert.

In dieser Zeit war der Preis kontinuierlich von 850 US-Dollar auf 260 US-Dollar gefallen. Das war für einen Fordarbeiter mit einem Tageslohn von fünf Dollar zwar immer noch ein stolzer Preis, aber er war erschwinglich. Um die Produktionskosten weiter zu senken, hatte Ford 1913 das bereits 1901 von Eli Ransom Olds erfundene Fließband für seine Produktion eingeführt und weiterentwickelt. So war es möglich, dass bereits sechs Jahre nach Produktionsbeginn alle zehn Sekunden eine Tin-Lizzy die Werkshallen verließ. Erstmals war ein Auto einer breiten Masse zugänglich. Einem Sonntagsausflug mit der ganzen Familie stand nichts mehr im Wege, denn vier Personen bot die Tin-Lizzy Platz.

Die eigenen Arbeiter als Kunden zu gewinnen, diese Idee von Henry Ford sorgte bei seinen Konkurrenten zunächst für Erheiterung. Doch Ford expandierte und war weltweit die Nummer Eins unter den Automobilherstellern. Dicht gefolgt von General Motors, dem größten Konkurrenten, damals wie heute.

Drei Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs wagte Ford den Sprung nach Europa, nach Großbritannien, 1925 folgte Deutschland. Am 18. August wurde in Berlin die deutsche Ford Motor Company Aktiengesellschaft ins Handelsregister eingetragen. Mit der Montage des T-Modells – das auf deutsch liebevoll Blech-Liesel genannt wurde – am Westhafen wurde acht Monate später begonnen, ab 1928 wurde dann das leistungsstärkere und deutlich modernere A-Modell zusammengebaut.

Nach 37 078 Autos war in der Hauptstadt allerdings schon wieder Schluss. Kapazitätsprobleme machten einen Umzug von der Spree an den Rhein unumgänglich. Im April 1931 lief in Köln das erste A-Modell vom Band. Nach und nach verlagerte sich die Herstellung von reiner Montage zur Produktion – 1935 durften sich die Modelle „Deutsches Erzeugnis“ nennen. Die Namen spiegelten dies wider: Köln, Rheinland, Eifel, Taunus hießen sie – und waren weit über die Kölner Region hinaus bekannt und beliebt.

1964 machte Ford ein weiteres Mal als Pionier von sich reden, diesmal in Sachen Design. Der Ford Taunus 17M, die so genannte „Badewanne“, ein eigenwillig rundliches Auto, kam auf den Markt. Seit 1968 wurden die Modellnamen internationaler: Escort, Capri, Fiesta. Da war Ford längst zu einem international aufgestellten Konzern expandiert, dem heute Marken wie Mazda, Aston Martin, Jaguar, Volvo und Land Rover angehören. 1984 war Ford die meistverkaufte Automarke in ganz Europa, 1999 wurden insgesamt 30 Millionen Autos produziert, doch reichte es weltweit nur für den zweiten Platz. Den ersten Platz hielt und hält General Motors.

Die Geschichte bekommt ausgerechnet kurz vor dem 100-jährigen Bestehen von Ford Amerika im Jahre 2003 einen Dämpfer. Der Urenkel von Henry Ford hatte den Konzern 2001 mit einem Schuldenberg von 160 Milliarden Dollar übernommen, ein Jahr später war der Börsenstand der niedrigste seit zehn Jahren. Schließlich verdrängte Toyota den Global Player vom zweiten auf den dritten Rang.

Auch in Zeiten globalisierter Märkte möchte Ford seine Produktionsstandorte in Europa etwa in Spanien, den Niederlanden und Großbritannien halten, in Saarlouis und Köln beispielsweise Arbeitsplätze für 25 800 Menschen, und setzt dazu unter anderem auf umweltschonende Technologie: Das erste Auto mit Brennstoffzelle, das als Abgas nur Wasserdampf produziert, wurde 1999 vorgestellt und soll 2010 auf den Markt kommen. Elektroautos gibt es schon serienmäßig, ebenso Fahrzeuge mit Erdgasantrieb und viele recycelte Materialien in der gesamten Fahrzeugpalette – ganz im Sinne Henry Fords.

Christine Decker

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