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Neue Regeln für die Aufnahme an Oberschulen. Wer Geschwister an einer Schule hat oder im gleichen Bezirk wohnt, soll Vorteile haben.

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Exklusiv

Vorfahrt für Geschwisterkinder: Zugangsregeln zur Oberschule werden reformiert

Die rot-schwarze Koalition will den Zugang zu Sekundarschulen und zum Gymnasium reformieren. Geschwisterkinder und Bezirkskinder sollen leichter an ihre Wunschschule kommen.

Der Übergang von der Grund- zur Oberschule wird reformiert. Geschwisterkinder sollen spätestens ab dem Schuljahr 2014/15 auch dann Berücksichtigung finden, wenn an einem Gymnasium oder einer Sekundarschule die Plätze knapp sind. Ermöglicht werden soll dies dadurch, dass weniger Plätze als bisher durch das Losverfahren vergeben werden. Dies gehört zu den Vorschlägen einer Expertengruppe, die im Auftrag der Bildungsverwaltung getagt hat und in Kürze ihren Abschlussbericht vorlegt. Dort geht es auch um die Frage, wie die Verteilung der Rückläufer aus den Gymnasien verbessert werden kann.

Ausgangspunkt der Arbeitsgruppe, zu der Direktoren, Senats- und Bezirksvertreter sowie der Landeselternausschuss gehörten, war die Koalitionsvereinbarung. Sie fordert eine „rechtssichere Geschwisterkinderregelung“, wenn die Plätze knapp sind. Die Schulen wollen allerdings nicht die Möglichkeit verlieren, wie bisher mindestens 60 Prozent ihrer Schüler nach eigenen Leistungskriterien auszuwählen. Deshalb bliebe nur die Möglichkeit, die Geschwisterkinder als Härtefall zu deklarieren oder sie auf Kosten der Losquote aufzunehmen. Dem Vernehmen nach tendierte die Arbeitsgruppe zu zweiter Variante.

Aber auch das nur widerwillig. Denn sowohl die Schulen als auch die Bezirke sehen in der Geschwisterregelung eine Einschränkung ihres Handlungsspielraumes. Große Bedenken haben vor allem die Schulen, die aufgrund ihrer Lage bevorzugt von Großfamilien mit schwierigen sozialen Bedingungen frequentiert werden. Wie die Bildungsverwaltung diesen Dissens zur Koalitionsvereinbarung überbrückt, ist offen.

Die Koalition wollte zudem die Wohnortnähe mehr berücksichtigt sehen. Hier schlägt die Arbeitsgruppe vor, dass die Kinder des eigenen Bezirks insofern bevorzugt werden sollen, als sie – ebenso wie die Geschwisterkinder – auf Kosten der Losquote aufgenommen werden. Das aber würde bedeuten, dass die gewünschte berlinweite Durchmischung der Schülerschaft, die das Losverfahren gewährleisten soll, beeinträchtigt würde. Schulen in ärmeren Vierteln sehen dies kritisch. „Ich bin strikt gegen das Wohnort- und Geschwisterprinzip“, sagte einer der betroffenen Direktoren auf Anfrage.

Die Berücksichtigung der Bezirkszugehörigkeit wurde vor allem von Tempelhof-Schöneberg gefordert. Hier gibt es etliche attraktive Sekundarschulen mit hunderten Kinder aus anderen Bezirken, so dass für die eigenen Schüler wenig Platz bleibt. Die Probleme wachsen noch, wenn nach dem Probejahr viele Rückläufer aus den Gymnasien kommen. Dies hatte zuletzt dazu geführt, dass ein halb leeres Schulgebäude in Mariendorf zu einer „Rückläuferschule“ umfunktioniert werden musste. Auch in andernorts gab es Probleme.

Die Rückläufer beschäftigten die Arbeitsgruppe noch aus einem anderen Grund. Wie berichtet, hatten im vergangenen Jahr rund 1000 Schüler massive Probleme in den siebten Klassen der Gymnasien. Viele gingen vorzeitig ab, mehr als 800 mussten nach einem Jahr auf die Sekundarschule wechseln. Hintergrund ist der freie Zugang zu Gymnasien in Berlin, solange freie Plätze zur Verfügung stehen: Diese Regelung belastet vor allem Gymnasien im sozialen Brennpunkten. Aus ihren Reihen kam denn auch die Forderung, zumindest mit einem „weichen NC“ den Zugang leicht einzuschränken.

Diese Idee setzte sich in der Arbeitsgruppe nicht durch. Dem Vernehmen nach hat die Schulverwaltung nachweisen können, dass die Grundschulnoten kein verlässlicher Anhaltspunkt dafür sind, ob ein Schüler das Probejahr schafft. So habe es Schüler mit einem NC von weit über 3,0 gegeben, die die Hürde bewältigten und andere, die mit besseren Noten scheiterten. Die Arbeitsgruppe setzt deshalb darauf, Eltern intensiver als bisher zu beraten, um falsche Entscheidungen zu vermeiden. Die Schulen winken ab: „Das haben wir längst versucht“, heißt es.

Um die Rückläufer zumindest wohnortnah auffangen zu können, wurde in der Arbeitsgruppe gefordert, dass die siebten Klassen der Sekundarschulen nur maximal 25 statt 26 Schüler aufnehmen müssen. Auf diese Weise bliebe Platz für Rückläufer, die dann in Klasse 8 dazustoßen. Ob es dafür eine Mehrheit geben wird, ist aus Kostengründen offen.

Jetzt ist die Bildungsverwaltung am Zuge. Sie muss mit den Fraktionen die Empfehlungen der Arbeitsgruppe auswerten und dann entscheiden, was umgesetzt wird. Da einige Gesetzesänderungen nötig sein werden, kann das neue Verfahren laut Bildungsverwaltung erst für das Schuljahr 2014/15 greifen.

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