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Berlin: Schulen: Ist Lehrerqualität messbar?

Die angekündigten Gehaltszulagen für herausragende verbeamtete Lehrer haben an den Schulen keinen Freudentaumel ausgelöst. Zurückhaltend bis skeptisch waren gestern die Reaktionen, nachdem bekannt geworden war, dass ab Januar 2002 im Schulwesen materielle "Leistungsanreize" vergeben werden können.

Die angekündigten Gehaltszulagen für herausragende verbeamtete Lehrer haben an den Schulen keinen Freudentaumel ausgelöst. Zurückhaltend bis skeptisch waren gestern die Reaktionen, nachdem bekannt geworden war, dass ab Januar 2002 im Schulwesen materielle "Leistungsanreize" vergeben werden können. Unsicherheit herrscht auch noch über den Umfang des zusätzlichen Geldsegens. Sicher ist nur, dass das Ganze "kostenneutral" sein soll.

"Die Prämien und Zulagen sind im Personalbudget enthalten", erläuterte gestern Thomas John, Sprecher von Schulsenator Klaus Böger (SPD). Er begründet dies damit, dass die Stellen generell mit Durchschnittssätzen berechnet würden. Dadurch gebe es einen gewissen Spielraum. Anders verhält es sich, wenn jemand vorzeitig in eine höhere Gehaltsstufe aufrückt. Für die damit verbundenen Mehrausgaben gibt es laut Innenverwaltung bereits ein Finanzpolster, weil im Vorgriff auf die Neuregelung seit 1997 die Dienstalterstufen "gestreckt" wurden. Laut Beamtenbund haben die älteren Kollegen seither monatlich 100 bis 150 Mark eingebüßt. Dadurch seien landesweit 40 bis 45 Millionen Mark zurückgehalten worden.

Die Betroffenen selbst haben von diesen Feinheiten bisher wenig mitbekommen. Zwar wurde vor Monaten in der Presse von den entsprechenden Senatsbeschlüssen berichtet, und das neue Prämiensystem gibt es sogar schon in einzelnen Behörden. Aber im Schulbereich war das Vorhaben anscheinend in Vergessenheit geraten.

"Wir haben noch nie was davon gehört", meinte denn auch eine Schulleiterin aus Marzahn auf Nachfrage. Auch der zuständige Schulrat sei völlig überrascht von dem Vorhaben und wolle erstmal ein erläuterndes Rundschreiben abwarten. Für die Schulleiterin steht schon jetzt fest, dass sie über die Prämien nicht selbst entscheiden will. Sie befürchtet, dass engagierte Kollegen demotiviert werden, wenn sie nicht zu den zehn Prozent gehören, die maximal pro Schule ausgezeichnet werden können.

Wolfgang Harnischfeger, als reformfreudig bekannter Schulleiter des Steglitzer Beethoven-Gymnasiums, hält die neuen Leistungsprämien für "ausgesprochen gewöhnungsbedürftig". Ihm gefällt zwar der "Grundgedanke, dass sich der öffentliche Dienst dem Leistungsgedanken öffnet". Aber er warnt vor den Schwierigkeiten, die Qualität pädagogischer Arbeit gerecht zu bewerten. Deshalb will er auch keinesfalls allein entscheiden, wer ausgezeichnet wird, sondern zusammen mit vier Kollegen.

Harnischfeger sieht die Gefahr, dass durch die lockenden Prämien die "Event-Kultur an die Schulen getragen wird". Das könne passieren, wenn man in erster Linie Lehrer ausgezeichne, die große Spektakel auf die Beine stellten oder Jugend-forscht-Preise einheimsten. Er will darauf achten, dass eben auch die Kollegin zu ihrem Recht kommt, "die in aller Stille 20 Elterngespräche führt" oder sich außerhalb des Unterrichts um Schüler kümmert.

Wie gestern berichtet, sollen nicht nur herausragende Lehrer belohnt, sondern auch faule "bestraft" werden, indem sie länger in der alten Gehaltsstufe bleiben. Die Idee, Beamte durch Leistungszulagen zu motivieren, geht noch auf die CDU/FDP-Bundesregierung zurück und wurde in Berlin im Rahmen der Verwaltungsreform aufgegriffen.

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