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Berlin: Schulen warten jahrelang auf den neuen Direktor

Nach dem geänderten Gesetz wird die Leitung immer wichtiger – doch die Chefposten bleiben häufig erst einmal unbesetzt

Bei der Neubesetzung ihrer Leitungspositionen müssen Schulen Geduld beweisen. In knapp 60 Prozent der Fälle warten sie über zwei Jahre auf einen neuen Direktor oder Stellvertreter. Nur ein Viertel der Stellen wird innerhalb eines Jahres besetzt. Dies ergab eine Umfrage des Interessenverbandes Berliner Schulleitungen. Vorstandsmitglied Michael Jurzcok sprach von einem „eklatanten Versagen der Schulverwaltung“ bei der Besetzung der Schlüsselpositionen. Dabei haben die Direktoren nach dem neuen Schulgesetz weitreichendere Befugnisse als früher. Von den Schulleitern wird mehr Führungskraft verlangt, da sie jetzt Dienstvorgesetzte sind und mehr Kompetenzen bei Neueinstellungen und den Finanzen haben.

Der Verband hatte alle rund 880 Berliner Schulen angeschrieben, um einen Überblick zu bekommen. Anlass waren immer häufigere Beschwerden von Schulen, die jahrelang ohne handlungsfähige Leitungsteams waren. Rund 250 Schulen reagierten auf die Anfrage des Verbandes. 69 von ihnen hatten in den vergangenen vier Jahren mit der Besetzung von Leitungsstellen zu tun. In 41 Fällen hatte es länger als zwei Jahre gedauert, bis die Schulleitung komplett war. Nur in 19 Fällen ging es schneller als ein Jahr.

Die Senatsverwaltung für Bildung ist über diesen Missstand offenbar nicht im Bilde. Auf eine Anfrage der FDP-Abgeordneten Mieke Senftleben antwortete Senator Klaus Böger (SPD), dass die Neubesetzung „zwischen sechs Monaten und zwei Jahren“ in Anspruch nehme. Nur „im Einzelfall“ könne es „mitunter noch länger dauern“. Im Übrigen könne er keine genaueren Angaben machen, da die Erhebung einen „unverhältnismäßig großen Aufwand“ erforderten.

Zur Begründung für die lange Dauer vieler Verfahren führt Böger an, dass manche Stellen frei gehalten werden müssten, um absehbare Personalüberhänge unterzubringen – etwa dann, wenn Schulen geschlossen werden und für ihre Direktoren neue Posten gefunden werden müssen. In den Einzelfällen, in denen es besonders lange dauere, liege dies „insbesondere“ an rechtlichen Auseinandersetzungen mit den Beschäftigtenvertretungen und mit unterlegenen Bewerbern.

Die FDP fordert jetzt von Böger, die Stellenbesetzungen zu beschleunigen. Andernfalls befänden sich die betroffenen Schulen in einer „desolaten Lage“. So waren im März vergangenen Jahres 50 Schulleiter- und 123 Stellvertreterposten nicht besetzt. Dies hatte eine kleine Anfrage des bündnisgrünen Abgeordneten Özcan Mutlu ergeben. Fast jede fünfte Schule war somit nicht „komplett“. An der Kreuzberger Charlotte-Salomon-Grundschule dauerte dieser Zustand rund vier Jahre. Erst seit den Ferien ist das Problem gelöst. Auch an der benachbarten Adolf-Glasbrenner-Schule war der Leitungsposten vier Jahre vakant gewesen. „Für eine Schule ist das nicht gut“, sagt ein Pädagoge, der selbst jahrelang kommissarischer Schulleiter war. Besonders dann, wenn die Kollegen den Stellvertreter nicht ernst nähmen, ginge an einer solchen Schule nichts mehr voran.

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