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© Kai-Uwe Heinrich tsp

Schulneubau: Rebellion in Rudow

Eines der letzten landwirtschaftlich genutzten Felder Berlins soll mit einer Schule bebaut werden. Die Anwohner sind mit den Plänen nicht einverstanden und protestieren.

Rudow - Das Feld ist frisch gemäht, nur wenige Gräser stehen noch. Ein Milchbauer hat Viehfutter eingefahren – das 48 000 Quadratmeter große Landstück zwischen Neuhofer Straße und Ostburger Weg in Rudow ist eine der letzten landwirtschaftlich genutzten Flächen in Berlin. Das Grundstück gehört der „Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Rudow“, die es Jahr für Jahr an den Landwirt verpachtet hat. Nun freilich winkt den Christen ein gutes Geschäft: Der Bezirk Neukölln will das Gelände kaufen.

Denn mitten zwischen den Einfamilienhäusern soll die Clay-Oberschule neu entstehen. Eine achtzügige Sekundarschule mit 1180 Schülern, die zurzeit ein provisorisches Schulgebäude am Bildhauerweg nutzt. Ursprünglich war die Schule einmal mitten in der Gropiusstadt: Doch das alte Schulhaus in der Lipschitzallee war asbestverseucht. Nun sollen Schüler und Lehrer ein zweites Mal umziehen. „Aber bitte nicht auf unser Feld“, sagt Wolfgang Reick. Er gehört zu den Anwohnern am Ostburger Weg. In den 80er Jahren hat er sein Grundstück erworben. Schon damals tobte in Rudow der Streit um die letzten Felder des eingemauerten Westteils der Stadt: Die Bürgerinitiative „Rettet Rudows Felder“ setzte sich für den Erhalt der Flurstücke ein. Und 1983 beschloss der Gemeindekirchenrat der Rudower Kirchengemeinde, das Feld am Ostburger Weg für die Zukunft zu erhalten. Wolfgang Reick besitzt eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses. „Uns hat man immer wieder versprochen, dass das Feld nicht bebaut werden soll“, sagt Reick. „Deswegen haben wir ja damals das Grundstück hier gekauft.“

Doch für den Neuköllner Volksbildungsstadtrat Wolfgang Schimmang (SPD) ist das Feld der ideale Schulstandort. Am provisorischen Standort im Bildhauerweg könne die Schule nicht bleiben, weil die Baugenehmigung dort nur für einen begrenzten Zeitraum erteilt worden war. An ihrem ursprünglichen Standort in der Lipschitzallee werde die Clay-Oberschule nicht mehr benötigt, sagt Schimmang. In der Gropiusstadt gebe es immer weniger Kinder, die übrigen Schulen reichten aus. In der Einfamilienhausgegend am südlichen Rand von Rudow fehle dagegen eine Sekundarschule. „An der Neuhofer Straße gibt es schon die 25. Grundschule mit einem Hort“, sagt der Stadtrat. „Wenn wir die Clay-Oberschule auf das Feld bauen, können die Schüler von der ersten bis zur dreizehnten Klasse am gleichen Ort zur Schule gehen.“ Die Anwohner des Feldes hingegen gehen davon aus, dass künftig zahlreiche Schüler aus ganz Neukölln zur Clay-Oberschule pendeln werden. Schon heute seien die Straßen rund um das Feld zu eng für den Verkehr, sagt Anwohner Bodo Heinrich. „Wenn die neue Schule käme, gäbe es an diesem Standort 1580 Schüler – da stimmen die Dimensionen nicht mehr.“

Wie in den 80er Jahren haben die Anwohner nun eine Bürgerinitiative gegründet, ein Transparent am Feld zeugt davon. Mit einer Unterschriftensammlung soll die Kirchengemeinde dazu gebracht werden, das Feld nicht zu verkaufen. „Wir wären sogar dazu bereit, jährlich einen bestimmten Geldbetrag dafür zu zahlen, dass das Grundstück nicht bebaut wir“, sagt Wolfgang Reick. Die Kirchengemeinde möchte sich gegenüber dem Tagesspiegel nicht zum Streit um das Feld in Rudow äußern, sagt Pfarrer Christian Schuke. Auf ihrer Internetseite kündigen die Rudower Christen eine Richtungsentscheidung des Gemeindekirchenrates „noch vor den Sommerferien“ an. Nach Angaben des Stadtrats ist sie für den Schulneubau gefallen. Benjamin Lassiwe

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