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Berlin: Schulstation: Auf dem Abstellgleis

Sie entspannen die Lage an den Schulen, entlasten Eltern, Lehrer und Sozialarbeiter: Schulstationen. Doch die 130 Einrichtungen, seit ihrer Einführung vor fünf Jahren ein vernachlässigtes Provisorium, sind gefährdet, wenn sie nicht auf eine solide finanzielle Grundlage gestellt werden.

Sie entspannen die Lage an den Schulen, entlasten Eltern, Lehrer und Sozialarbeiter: Schulstationen. Doch die 130 Einrichtungen, seit ihrer Einführung vor fünf Jahren ein vernachlässigtes Provisorium, sind gefährdet, wenn sie nicht auf eine solide finanzielle Grundlage gestellt werden. So lautet das Ergebnis eines Treffens von Mitarbeitern der 14 Kreuzberger Schulstationen.

Die stillen Kinder, die ihre Sorgen gut verbergen können und die aggressiven, prügelnden Kinder - sie alle haben in der Schulstation eine Anlaufstelle abseits von Notengebenden Lehrern und schimpfenden Eltern, können spielen, basteln, reden oder sich einfach nur ausruhen: ein geschützter Raum in der oft als Last empfundenen Schule. Nach Ansicht von Lehrern, Eltern und Pädagogen tragen die Schulstationen mit ihren 250 Pädagogen und Sozialarbeitern zu einem besseren Schulklima bei, beugen Gewalt vor und ersparen dem Steuerzahler langfristig sogar Kosten, weil oft eine Heimunterbringung oder der Einsatz von Erziehungshilfen vermieden werden kann.

Zwar will die Senatsschulverwaltung 30 Schulstationen in sozialen Problemgebieten über Senat und Bezirk finanzieren. Das würde 4,5 Millionen Mark im Jahr kosten. Außerdem sollen überzählige Erzieher (der sogenannte Überhang) aus den Ost-Bezirken an die Schulen beordert werden. Doch die Aussichten stehen schlecht: "Man hat uns signalisiert, dass wir keine Unterstützung erhalten", sagt Oberschulrat Peter Hübner. Finanz- und Innenverwaltung haben ein Wort mitzureden. Am 18. Dezember gebe es zwischen den beteiligten Staatssekretären ein "Chefgespräch", Ausgang: ungewiss.

Die erste Schulstation wurde 1994 in Lichtenberg eröffnet. Immer mehr Schulen zogen nach. "Die breite Erprobung zeigte einen großen Erfolg", sagt Hübner. Das als Modell für "Problemkinder" begonnene Projekt entwickelte sich zu einer Anlaufstelle für alle Kinder, sei es, dass sie mit den Eltern oder dem Lernen nicht zurechtkommen, Konflikte mit Mitschülern haben oder jemandem vertraulich erzählen können, dass Erwachsene sie misshandeln. "Schulstationen nehmen die Angst vor der Schule", sagt Rita Schmeing, die die Schulstation an der Fichtelgebirgsgrundschule leitet.

Seit ihrer Einführung erhalten die Schulstationen ihr Personal über Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen (ABM und SAM) - eine Notlösung: "Die kontinuierliche Arbeit ist nicht möglich, wenn jedes Jahr das Team und die Zahl der Mitarbeiter wechseln", sagt Schmeing, "Vertrauen wächst nur über lange Zeit." Die Arbeitsämter haben mittlerweile signalisiert, dass sie künftig kein Personal mehr für Schulstationen abstellen, wenn Senat und Bezirk nicht garantieren können, dass aus den ABM-Stellen feste Arbeitsplätze werden. Wie es im kommenden Jahr weitergehen soll, weiß niemand. "Es geht uns nicht darum, unseren Traumjob zu behalten", sagte Erzieherin Susanne Richter. "Kinder, die dringend Hilfe brauchen, die zu mir Vertrauen gefasst haben, begreifen nicht, wenn ich sage, dass ich morgen weg bin."

kört

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