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Berlin: Schulverweis nach Amoklauf-Drohung stößt auf Kritik

Landesschulsprecher: Jugendlicher könnte an neuem Gymnasium zum Außenseiter werden

Der Schüler, der Ende November über das Internet eine mögliche Bluttat an seiner Schule in Reinickendorf angekündigt hatte, wird nicht mehr dorthin zurückkehren. „Wir haben einen Antrag gestellt. Für beide Seiten ist ein Neustart besser“, sagte die Direktorin der Bertha-von-Suttner-Oberschule, Jutta Randelhoff Szulczewski. Für den 17-jährigen Karl M. (Name geändert) werde derzeit eine neu Schule gesucht, wo er dann nach den Winterferien Anfang Februar aufgenommen wird.

Wochenlang diskutierte die Schulkonferenz über die Frage, wie es weitergehen soll, ihre Entscheidung aber stößt jetzt auf Kritik. Landesschulsprecher André Schindler hält den Schulverweis für „sehr bedenklich“. Berlin sei ein „kleines Dorf“, bei dem auch nach einem Wechsel sofort jeder an der neuen Schule wisse, wer der neue Schüler sei und was für eine Vorgeschichte er habe. „Die Schule stiehlt sich aus ihrer pädagogischen Verantwortung für den Jungen“, sagte Schindler. Jede Schule habe zwar das Recht, auffällig gewordene Schüler zu verweisen, doch es sei zu befürchten, „dass der Junge an der neuen Schule noch weniger Fuß fassen wird“ und dort zum Außenseiter abgestempelt werde. Dies könne später zu einem schulischen Versagen des Jungen führen, befürchtet Schindler.

An seiner alten Schule habe Karl M. dagegen sein gewohntes soziales Umfeld, Vertrauenskräfte und Lehrer, die ihn kennen und ihn pädagogisch angemessen betreuen könnten. Lehrer müssten sich auch mit verhaltensauffälligen Schülern „adäquat und objektiv“ auseinandersetzen können, kommentierte Schindler. Angeblich hatten die Pädagogen des Gymnasiums geäußert, sie könnten dem 17-Jährigen nicht mehr unbefangen gegenübertreten.

Am 23. November hatte die Direktorin des Bertha-von-Suttner-Gymnasiums durch einen Hinweis erfahren, dass Karl M. einen möglichen Amoklauf an ihrer Schule ankündigte. Sie rief die Polizei. Bei der Durchsuchung der elterlichen Wohnung in Wedding fanden die Beamten unter anderem eine „Todesliste“, auf der er die Namen von Schülern und Lehrern notiert haben soll, die er töten wolle. Die Polizei beschlagnahmte mehr als 20 Softair-Waffen, die Plastikmunition mit Luftdruck verschießen. Nach seiner Vernehmung kam Karl M. wieder frei, weil die Tatvorwürfe weder für einen Haftbefehl noch für eine Unterbringung in einer Psychiatrie reichten.

In seine alte Schule kehrte Karl M. seit dem Vorfall nicht wieder zurück. „Er wurde in der Zwischenzeit umfangreich betreut“, sagt Randelhoff-Szulczewski. Er soll privat Unterricht sowie psychologische Unterstützung erhalten haben. Wie die Schulleiterin betonte, seien Karl M. und seine Eltern einverstanden damit, dass er die Schule wechselt.

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