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Berlin: Schutz in Frauenhäusern, Beratung am Telefon

Gestern zog der Senat Bilanz seines Aktionsplans gegen häusliche Gewalt – und stellte künftige Arbeit vor

Häusliche Gewalt geht jeden etwas an – sie zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten. Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums hat jede vierte Frau in Deutschland Gewalterfahrungen in der Beziehung gemacht – und die Opfer brauchen durchschnittlich sieben Anläufe, um sich von ihrem Partner zu trennen. Um Gewalt in der Partnerschaft systematisch zu bekämpfen, hat der Berliner Senat deshalb bereits im Jahr 2002 einen Aktionsplan erarbeitet. Seither trafen sich auch die Senatsverwaltungen, Initiativen und die Polizei regelmäßig an „Runden Tischen“. Gestern, nach sechs Jahren Arbeit, gab’s letztmalig ein solches Treffen. Hier wurde die Basis für die weiterführende Arbeit vorgestellt.

Es sei einiges in Sachen Opferschutz passiert, sagte Frauensenator Harald Wolf (Linke): Die Hilfsangebote seien weiter verbessert worden. Neben den sechs Frauenhäusern und fünf Beratungsstellen arbeitet die Big-Hotline noch enger mit der Polizei zusammen. Bei ihren Einsätzen weisen die Beamten die Opfer gezielt auf die Hilfsangebote und das Big-Beratungstelefon hin. 7244 Anrufe gingen im vorigen Jahr dort ein. Zudem versuche man vermehrt auf Migrantinnen einzugehen und sie über die Hilfsangebote zu informieren.

Ein deutliches Zeichen, dass das Thema Häusliche Gewalt ernst genommen werde, zeige sich an der steigenden Zahl der Anzeigen. Im vergangenen Jahr gab es bei der Polizei in Berlin 13 222 Anzeigen wegen häuslicher Gewalt. „Das sind 50 Prozent mehr als noch vor sechs Jahren“, sagte Polizeipräsident Dieter Glietsch. Doch man könne davon ausgehen, dass nicht häufiger als früher geschlagen werde, sondern dass „das Dunkelfeld erhellt wurde“ – das heißt, Taten werden häufiger als früher gemeldet. Mittlerweile gibt es auch für prügelnde Männer Hilfe: So finanziert die Justizverwaltung Anti-Gewalt-Trainings mit 40 000 Euro. Insgesamt stehen für die Bekämpfung der häuslichen Gewalt allein in den Jahren 2008/2009 mehr als sechs Millionen Euro bereit.

Auch in Brandenburg sind die Zahlen zu häuslicher Gewalt im Jahr 2007 gestiegen – um fünf Prozent auf 2229 Delikte, wie Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) mitteilte. Alarmierend nannte Schönbohm die zunehmende Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Gewalt in der Familie erleben: 2007 waren es 158 Kinder (2006: 146) und 136 Jugendliche (2006: 128).

Das Thema Kinder und Jugendliche, die Opfer von Gewalt in der Familie werden, spielt auch beim Berliner Aktionsplan eine große Rolle. So schilderte Polizeipräsident Glietsch, dass das Problem häuslicher Gewalt bei der Ausbildung junger Beamter thematisiert werde und dass Polizisten bei ihren Einsätzen sofort das Jugendamt informieren, wenn Kinder Gewalt erfahren.

Das Big-Projekt hat seine Präventionsarbeit auch auf die Schulen übertragen. „Kinder, die früh Gewalt erfahren, werden häufig später selbst gewalttätig“, sagte Mitarbeiterin Patricia Schneider. Deshalb veranstalte Big an Grundschulen Workshops, die sich mit Gewalt in der Familie befassen. Dazu gehöre auch eine „Kindersprechstunde“, in der jungen Opfern geholfen wird. Auch wurde eine spezielle Kinderseite im Internet eingerichtet: www.gewalt-ist-nie-ok.de. Tanja Buntrock

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