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Berlin: Schwarz-Gelb-Grün: Einig in der Ablehnung

Die Opposition sortiert sich neu und denkt über ein Jamaika-Bündnis nach Sie verbindet die Kritik an Rot-Rot – aber noch überwiegt das Trennende

Immerhin reden sie über „Jamaika“, ohne sich zu schütteln. Die schwarz-grün- gelbe Variante eines politischen Bündnisses schreckt keinen mehr wirklich, der im Abgeordnetenhaus Oppositionspolitik macht und über Alternativen zu Rot-Rot nachdenkt. Die Offenheit ist neu für die Berliner Verhältnisse.

Zumindest hat selten eine Oppositionspartei so früh die Hand zur Kooperation ausgestreckt wie jetzt die Grünen durch ihre neue Fraktionsvorsitzende Franziska Eichstädt-Bohlig. Sofort nach der Entscheidung des Wahlsiegers SPD für die Linkspartei/PDS habe sie mit CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger besprochen, dass man über mögliche Gemeinsamkeiten reden solle, sagt Eichstädt-Bohlig. Das soll nach der konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses am 26. Oktober passieren, und FDP-Fraktionschef Martin Lindner soll auch dabei sein. Er hat nichts gegen Gespräche über die gemeinsame Perspektive der Opposition, sagt aber auch, es gebe „schönere Inseln als Jamaika“.

Allerdings mag bei den Grünen niemand vorhersagen, welche Chancen eine schwarz-gelb-grüne Zusammenarbeit hätte. „Das hängt davon ab, in welche Richtung die von der CDU angekündigte inhaltliche Modernisierung geht“, sagt Eichstädt-Bohlig. Wie ihre Parteifreunde sieht sie bislang geringe Schnittmengen, etwa in der Kultur- oder der Wissenschaftspolitik. Auch hätten die gemeinsame Verfassungsklage gegen den rot-roten Haushalt oder auch der Tempodrom-Ausschuss gezeigt, dass man punktuell an einem Strang ziehen kann.

Jamaika als Oppositionsprinzip mag sich aber kein Grüner so richtig vorstellen. „Wir dürfen unsere inhaltlichen Differenzen nicht verkleistern, sondern müssen sie deutlich machen“, sagt Grünen-Politiker Oliver Schruoffeneger und verweist wie Fraktionskollegin Lisa Paus auf enorme Differenzen zur CDU in der Innenpolitik und mit der FDP beim Thema Wirtschaft. Grünen-Kulturpolitikerin Alice Ströver sieht bei der CDU grundlegende politische Differenzen. „Opposition macht jeder für sich selbst“, fasst Grünen-Haushaltspolitiker Joachim Esser die Lage zusammen.

In der CDU gab es schon früher Interesse an den Grünen, jedenfalls bei jüngeren Unionsabgeordneten. Monika Grütters oder Peter Kurth haben, als sie noch im Abgeordnetenhaus waren, stets Interesse an Gesprächen mit den Grünen bekundet. Doch als der letzte Fraktionschef Nicolas Zimmer im Oktober 2004 öffentlich über das „schwarz-grüne Zukunftsmodell“ nachdachte, ließen die Grünen ihn abblitzen. Danach machte sich in der CDU-Fraktion der Eindruck breit, „mit diesen Grünen“ hätten Gespräche keinen Sinn – wie viele Grüne umgekehrt sagten, man könne anderswo über schwarz-grüne Zusammenarbeit reden, aber nicht „mit dieser CDU“.

Eichstädt-Bohlig und Pflüger stehen für neue Aufgeschlossenheit. Pflüger sagt über die grüne Fraktionsführung: „Inzwischen kennen wir uns.“ Und er will, dass die CDU offen für alle Koalitionen ist (außer mit der PDS). Die Zusammenarbeit mit den Grünen müsse erst wachsen. Wichtiger sei, dass die CDU stärker werde. Er könne nicht jeden Tag danach sehen, wie die Grünen finden, was die Union vorschlage. Auch müssten die Grünen „ideologischen Ballast“ aus den Zeiten der Alternativen Liste los werden. Es sei zu früh, über die Bedingung einer Zusammenarbeit zu reden.

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