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Der Kuchen wird neu verteilt. Vergangenes Jahr griffen Grüne wie Claudia Hämmerling und Stefan Gelbhaar (rechts) und CDU-Politiker wie Frank Henkel und Florian Graf anlässlich des Frauentages zur Torte. Jetzt wird über eine Annäherung der Parteien diskutiert.

© picture alliance / dpa

Schwarz-Grün: Die Berliner CDU blinkt schon mal grün

Die Berliner Christdemokraten sehen nach der Bundestagswahl „Anknüpfungspunkte“ mit den Grünen. Eine große Koalition würde Frank Henkel hingegen "erhebliche Bauchschmerzen" bereiten.

Von Sabine Beikler

Trittin weg, Künast weg, Roth weg. Das Köpferollen bei den Grünen auf Bundesebene befördert die Position von CDU-Parteichef Frank Henkel, die nach der Bundestagswahl vom Landesvorstand einvernehmlich gestützt wurde: Politische Konstellationen mit den Grünen auf Bundesebene sind grundsätzlich denkbar. „Allerdings müssten sich die Grünen dazu personell erneuern“, sagte Henkel. „Frische und pragmatische Kräfte“ müssten eine größere Rolle spielen. Eine Partnerschaft mit der „alten und gescheiterten Garde, mit Trittin, Künast und Roth“ könne er sich nicht vorstellen. Und genau diese „alte Garde“ kündigte am Dienstag ihren Rückzug an.

Die Berliner CDU-Parteispitze sieht „Anknüpfungspunkte“ mit den Grünen wie zum Beispiel die Energiewende. „Es gibt viele Schnittmengen mit den Grünen. Ein entscheidender Punkt in der kommenden Wahlperiode wird das Thema Nachhaltigkeit sowohl in der Umwelt- als auch in der Finanzpolitik sein“, sagte der Berliner CDU-Generalsekretär Kai Wegner dem Tagesspiegel. 

Selbst ideologische Gräben könnten zugeschüttet werden. „Wir wollen nicht alle Aufgaben dem Staat übertragen“, sagte Justizsenator Thomas Heilmann, CDU–Kreischef im schwarz-grün regierten Steglitz-Zehlendorf. „Die Grünen habe ich in ihrer ursprünglichen Rolle auch genau so verstanden. Gerade vor der Bundestagswahl haben sie sich aber anders positioniert.“ Heilmann stellt zwar klar, dass es ihm nicht zustehe, den Grünen Vorschläge zu machen, wie sie sich entwickelten. Aber wenn die Grünen sich künftig nicht mehr als Partei gerieren würden, die „vieles über Zwang und Verbote regelt“, sagt auch Henkel, dann ist für die Mehrheit der Berliner CDU eine Kooperation auf Bundesebene im Bereich des Möglichen. Die CDU sehe im Gegensatz zu den Grünen den „selbstbestimmten Menschen, das Solidaritäts- und Subsidiaritätsprinzip im Mittelpunkt“.

Grünen müssen sich entscheiden, was sie sein wollen

Ein anderer CDU-Spitzenpolitiker drückt das sehr deutlich aus: „Die Grünen müssen sich entscheiden, was sie sein wollen: eine linke Partei oder eine liberale Kraft, die die Ökologie hochhält. Das befürworten wir.“

Selbst im grün regierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, wo die Parteilinke ihre Hochburg hat, spricht der CDU-Kreischef und Parteikonservative Kurt Wansner nicht gegen Schwarz- Grün. „Wenn die Grünen sich ändern und vernünftige Leute kommen im Bund, kann man das machen.“ Es zählten Inhalte.

Eine leichte Präferenz für Schwarz-Grün im Bund ist in der Berliner Union zu erkennen. Aber mehr auch nicht. Die Christdemokraten warten ab, wie sich die SPD und die Grünen in dieser Woche auf ihren Parteiveranstaltungen positionieren.

Die CDU betont zwar, vertrauensvoll mit der SPD in der Hauptstadt zusammenzuarbeiten. Bei einer Großen Koalition im Bund jedoch hat nicht nur Henkel „erhebliche Bauchschmerzen“, da die SPD unter Sigmar Gabriel und Andrea Nahles „unberechenbarer“ geworden sei.

CDU will Schwarz-Grün auf Landesebene nicht ausschließen

Schwarz-Grün auf Landesebene will die CDU ebenfalls nicht ausschließen. Eine Diskussion darüber wird in der Partei derzeit nicht offen geführt. Dennoch will die CDU, die bei der Wahl berlinweit Stimmenzuwächse verbuchen konnte, perspektivisch nicht nur die Machtoption Große Koalition – in Ermangelung der am Boden liegenden FDP als Partner.

Die CDU betrachtet die Grünen aus der Großstadtperspektive. In Berlin und übrigens auch in Hamburg, wo es zwischen 2008 und 2010 die erste schwarzgrüne Landesregierung gegeben hatte, wird ein liberales Bild gepflegt und ein modern-urbanes Auftreten gehegt. Das eint die CDU und die Grünen.

Bei den Grünen schälten sich zwei Wählermilieus heraus: das kiezorientierte links-libertäre Bürgertum und das „neue libertäre“ Bürgertum in Stadtteilen wie Charlottenburg-Wilmersdorf, Prenzlauer Berg und Steglitz-Zehlendorf. Dort wohnen Grünen-Wähler, die erfolgsorientiert leben, Wert auf eine hohe Lebensqualität legen und auch mal dem Hedonismus frönen. Diese Wähler haben die Grünen mit ihrem Programm verprellt und zum Teil an die CDU verloren. Für die Berliner Union wäre es auch kein Problem, den Grünen in Zukunft Avancen zu machen. Ein CDU-Mann orakelt: „Wenn CDU und Grüne wieder in der bürgerlichen Mitte um dieselbe Wählerschicht konkurrieren, ist das ein Zeichen mehr für eine schwarz-grüne Zusammenarbeit.“

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