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Schweinegrippe: Gesundheitssenatorin gibt Fehler zu

Die Gesundheitsfachleute der Opposition werfen Katrin Lompscher Versagen im Umgang mit der Schweinegrippe vor. Im Abgeordnetenhaus gab die Gesundheitssenatorin organisatorische Probleme mit der erwarteten Welle der Erkrankungen zu.

Der Impfstoff gegen die Schweinegrippe soll spätestens am heutigen Freitag in 262 Impfpraxen der Stadt zur Verfügung stehen. Das versicherte der Chef der für die Belieferung zuständigen Hubertus-Apotheke in Schöneberg, Bernd Drevenstedt, dem Tagesspiegel. „Es gibt kein logistisches Problem“, sagte er. „Wir haben genügend Kühlfahrzeuge im Einsatz, um jeden Bezirk pünktlich zu erreichen.“ Allerdings könnten die Fahrer sehr oft ihre Pakete mit den Impfstoffen gar nicht abliefern. Sie stünden wegen der Mittagspause, einer Fortbildung oder anderen Gründen vor verschlossenen Praxistüren. „Allein am Mittwoch konnten von den 120 bestellten Lieferungen 38 nicht abgegeben werden“, sagte Drevenstedt. „Das zieht eine Kettenreaktion nach sich.“ Manchmal seien Praxen selbst bei einer telefonisch abgestimmten Extratour nicht besetzt gewesen.

Drevenstedt verteidigte die Konzentration auf eine Auslieferapotheke für ganz Berlin. Dadurch wisse man genau, wie viel Impfstoff in jeder Praxis vorhanden sei. Möglicherweise sei aber die Veröffentlichung der Liste mit den Impfpraxen durch die Gesundheitsverwaltung am Sonntag zu früh erfolgt. Man hätte damit warten können, bis die Impfstoffe ausgeliefert gewesen seien. Dann wäre Berlin viel Aufregung erspart geblieben.

Offiziell wurden in der Stadt bislang 1837 Fälle von Schweinegrippe registriert. Aus Angst vor einer Ausbreitung wurden in den vergangenen Tagen die Grundschule an der Pulvermühle in Spandau sowie die Grundschule am Wilhelmsberg in Lichtenberg komplett geschlossen, an der Lichtenberger Robinson-Grundschule fiel für einzelne Jahrgangsstufen der Unterricht aus.

In der Aktuellen Stunde des Abgeordnetenhauses gab Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) gestern organisatorische Probleme im Umgang mit der erwarteten Welle von Erkrankungen zu. Sie empfahl den Kritikern des Senats, in andere Bundesländer zu sehen, wo die Probleme nicht geringer seien.

Lompscher wies der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) die Hauptverantwortung dafür zu, dass in Berlin nur ein geringer Teil der Artzpraxen auf die Impfungen vorbereitet sei. Die KV habe mit dem Senat über die Kosten der Impfung gestritten, so Lompscher, und statt den bundesweit üblichen maximal 5,50 Euro pro Impfung 7,10 Euro verlangt. Unter anderem deshalb sei ein Vertragsabschluss zwischen dem Land und der KV nicht möglich gewesen, so dass nun vertragliche Regelungen mit jeder einzelnen impfwilligen Praxis getroffen werden müssten. Insgesamt seien bis Mittwoch mit 480 Praxen Verträge geschlossen worden.

Die Gesundheitsfachleute der Opposition warfen Lompscher hingegen Versagen vor. Der CDU-Abgeordnete Mario Czaja sagte, es sei „völlig unverständlich“, dass in Berlin nur eine Apotheke für die Verteilung des Impfstoffs zuständig sei. „Ich verstehe das nicht und halte das nicht für ein vernünftiges Krisenmanagement“, sagte Czaja. Die Grünen-Abgeordnete Heidi Kosche sagte, Lompscher habe ein „organisiertes Durcheinander“ angerichtet. Der FDP-Politiker Kai Gersch sagte, man sei von Lompscher Chaos gewohnt, doch sei er überrascht von ihrem Umgang mit der Schweinegrippe. Gerade fünf Prozent der im Pandemie-Konzept vorgesehenen Praxen seien für die Impfungen gerüstet. Wolfgang Albers, Gesundheitspolitiker der Linken, verteidigte das Vorgehen des Senats und warf der Opposition Panikmache vor. In der Fragestunde des Abgeordnetenhauses hatte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gesagt, dass Polizisten noch überhaupt nicht gegen die H1N1-Grippe geimpft worden seien. Körting begründete dies damit, dass gerade erst die normale Grippeschutzimpfung der Polizei abgeschlossen worden sei. Zwischen dieser und der H1N1-Schutzimpfung sollten einige Tage liegen, so Körting. Ste./wvb./Sve

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