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Fehlten nur noch die Rettungstaucher. Die Feuerwehr war im Ausnahmezustand beim Unwetter in Berlin.

© imago/Seeliger

Schwere Unwetter in Berlin: Wie man den Wassermassen begegnet

Von Dreckwasser in den Kanälen und abgesenkten Bordsteinkanten: Experten sagen, wie sie Wassermassen bei Unwettern lenken – oder auch nicht.

Der Saal ist voll und Katherina Reiche zuckt die Schultern. Als der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) seine Pressekonferenz zum Thema „Starkregen“ vor zwei Wochen angekündigt hat, wusste die Hauptgeschäftsführerin noch nicht, „dass das so eine Aktualität gewinnen würde“, sagte sie am Freitag. Dabei wollte der VKU sich nur in die Debatte um die Fortschreibung der deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel einmischen, die gerade diskutiert wird. „Wir beschäftigen uns seit 2008 mit dem Thema“, versicherte Reiche.

Tatsächlich haben sich die Berliner Wasserbetriebe – wenn auch aus einem anderen Grund – schon seit Jahren mit der Frage beschäftigt, wie die Abwasserkanäle mit Starkregen besser fertig werden könnten. Im Oktober findet die Abschlusskonferenz des mehrjährigen Forschungsprojekts Kuras statt, an dem auch die Berliner Wasserbetriebe beteiligt waren.

In Berlin ist vor allem deshalb auf das Thema aufmerksam geworden, weil schon bei „normalen“ Regengüssen eine beachtliche Schadstofffracht in den Schifffahrtskanälen und der Spree landet: Hundekot, Laub und Pollen verursachen eine Überdüngung der Gewässer mit dem Ergebnis, dass Algen beste Wachstumsbedingungen vorfinden. Um zu verhindern, dass das verschmutzte Regenwasser ungefiltert in den Gewässern landet, haben die Wasserbetriebe Rückhaltebecken und eine Filterung geplant. Das Wasser wird, nachdem sich die Feststoffe abgesetzt haben, über einen Filter geleitet, in dem auch Schilf wächst. Ein Großteil der Phosphate und Nitrate lassen sich so aus dem Abwasser herausfiltern, die Belastung der Gewässer sinkt. In Berlin gibt es mittlerweile vier solche Bodenfilter: am Biesdorfer Baggersee, in Adlershof, in Blankenburg und am Halensee.

Spielplätze könnten im Notfall ebenfalls zum Rückhaltebecken werden

Otto Schaaf, Leiter der Abwasserbetriebe in Köln, plädierte ebenfalls für „Rückhalteflächen“. So solle beispielsweise versucht werden, das Wasser „im Straßenraum“ zwischenzulagern oder in Grünflächen zu leiten, wo das Wasser zumindest teilweise versickern könnte. Beim Starkregen in Berlin am Mittwoch schoss das Wasser allerdings auch über die nicht versiegelten Flächen, weil sie von der Trockenheit so hart waren, dass sie zunächst kein Wasser aufnehmen konnten. Schaaf weist zudem darauf hin, dass auch unter „normalen“ Umständen nur die oberen Bodenschichten einen Teil des Wassers aufnehmen können, dann beginne es aber auch dort unkontrolliert abzufließen. Spielplätze könnten im Notfall ebenfalls zum Rückhaltebecken werden, meinte Schaaf. Allerdings müsse abgewogen werden, ob diese „aufwendig gereinigt werden müssen“, wenn das Wasser wieder abgeflossen ist. Es könnte aus Hygienegründen auch ein Fehler sein. Schaaf weist noch auf andere Zielkonflikte hin: Abgesenkte Bordsteine, die eine Stadt behindertengerechter machten, taugten im Starkregenfall nicht mehr als Barriere.

Schaaf und Reiche betonten, dass auch die Hausbesitzer Vorsorge treffen müssten. Viele Abwasserbetriebe haben Broschüren mit Vorschlägen zur Eigenvorsorge aufgelegt. Außerdem hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK)Videos gedreht, die Hausbesitzern Anleitungen zur Vorsorge bieten. Eigentlich, sagte Katherina Reiche, „muss man auf Starkregen jederzeit vorbereitet sein“. Lange Vorhersagezeiten gibt es dafür nicht.

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