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Sänger Frank Zander

© dpa

Sechstagerennen in Berlin: Bier, Bockwurst und Musik aus der Konserve

Bei den Six Days verstummt Frank Zander. Weil die Gema mehr Gebühren-Geld verlangt, gibt’s nur Musik vom Band.

Der Peter Maffay zum Beispiel. Oder hier, „die Helene Schneider“. Schneider? „Nee, Helene Fischer heißt sie ja, solche Stars kann doch kein Mensch bezahlen.“ Na ja, ein paar Veranstalter schon, aber zu denen zählt sich Reiner Schnorfeil natürlich nicht. Er ist bloß Geschäftsführer der „Berliner 6-Tage-Rennen-GmbH“, die Gagen für solche Showgrößen sind in seinem Etat einfach nicht drin.

Seine finanzielle Kragenweite, das waren Leute, die den Ruhm der großen Namen ausleihen, ein Joe-Cocker-Double zum Beispiel oder eine Queen-Coverband. Original war immerhin Frank Zander, der machte auch Stimmung, der heizte die Party an, immer die gleichen Nummern, egal, das Volk gröhlte: Nur nach Hause geh’n wa nich.

Natürlich hat das alles mit Geld zu tun

Doch nicht mal Zander wird nun bei den Sixdays 2015 auftreten. Die beginnen am 22. Januar, im Velodrom natürlich, aber Livemusik wird’s nicht mehr geben, in der Arena jedenfalls nicht. Kein Zander, keine Doubles, keine Coverband, keine Puhdys, niemand dröhnt live aus den Boxen. Nur in der Showhalle wird es weiterhin Livemusik geben. In der Arena aber legt nun nur noch ein DJ auf.

Natürlich hat das alles mit Geld zu tun. Genauer gesagt: mit den Gema-Gebühren. Gema steht für „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“. Sie kümmert sich darum, „dass das geistige Eigentum von Musikschaffenden geschützt und sie für die Nutzung ihrer Werke angemessen entlohnt werden“. Die Gema bezeichnet sich selbst als „Schutzorganisation für den schöpferischen Menschen“.

Und weil sich Schnorfeil auch als schöpferischer Mensch betrachtet, hat er auf die neueste Gema-Entwicklung reagiert. Die Gema hat die Gebühren für Unterhaltungsveranstaltungen um rund 400 Prozent erhöht. 2015 müsste Schnorfeil insgesamt 80 000 Euro Gebühren bezahlen, das ist ihm zu viel. „Das rechnet sich nicht“, sagt er.

Jan Josef Liefers beim Start des Sechstagerennens 2013.
Jan Josef Liefers beim Start des Sechstagerennens 2013.

© dpa

Aber Geld spart er nur, wenn er sein Sechstagerennen neu definiert. Bisher ist das Ganze ja eine Riesenparty mit Bier, Bockwurst, Champagner, Musik und Sportlern, die rasant im Kreis rasen. Vor allem aber: Das Sportprogramm wurde für Livemusik unterbrochen. Das ist für die Gema der entscheidende Punkt. Deshalb stufte sie die Sixdays bisher als „Vergnügungsveranstaltung“ ein. Und für die werden mehr Gebühren fällig als für Sportveranstaltungen.

Deshalb hat Schnorfeil den Livemusikern in der Arena den Strom abgedreht. Damit rücken die Sixdays in die Gema-Kategorie „Sport“, nun werden nur noch 6000 Euro Gebühren fällig. Für die Musik außerhalb der Arena muss Schnorfeil täglich 2500 Euro Gebühr bezahlen, das ist für ihn erträglich. Insgesamt liegen die Gebühren immer noch unter dem alten Satz. Unter dem von 2013.

Die Gema hatte bereits 2014 die Tarife erhöht

2013, genau. Denn 2014 musste er etwa 50 000 Euro bezahlen, die genaue Summe nennt Schnorfeil nicht, er redet nur von einem Kompromiss mit der Gema. Der wurde nötig, weil der Geschäftsführer sich nicht aktiv um die jeweils neuesten Tarife der Gema gekümmert hatte.

Er hatte im April 2014 eine horrende Gebührenrechnung für die Sixdays 2014 erhalten. Erst da bemerkte er, dass die Gema bereits für 2014 die Tarife erhöht hatte. Angeblich hatte die Gema das vorab nicht mitgeteilt, jedenfalls sagt Schnorfeil das. Und er selbst, da ist er selbstkritisch, habe sich nicht nach den aktuellen Tarifen erkundigt. Er hatte gedacht, dass er informiert würde.

Er habe danach konstruktive Gespräche mit der Gema geführt, sagt Schnorfeil, und einen Kompromiss ausgehandelt. Der Gema macht er keine Vorwürfe. „Die hat ja auch ihre Zwänge, die will den Sixdays in Berlin ja nichts Böses.“

Als schöpferischer Mensch redet Schnorfeil die Rückstufung seines Events zur Sportveranstaltung dann gleich noch als ideale Strategie schön. „Für uns ist der Sporttarif sogar eine Art Ritterschlag.“ Ritterschlag? Na klar, „wir haben Olympiasieger und Weltmeister, wir wollen ja endlich als Sportveranstaltung wahrgenommen werden“.

Na, dann muss er ja enorm darunter gelitten haben, dass sich bisher immer die Zanders und Coverbands auf die Bühne gedrängt haben und die Bier- und Bockwurst-Fraktion und die Wichtigen aus der Champagner-Gruppe so wenig auf das Oval starrten.

Dass ihm die die Gebührenerhöhung auch noch aus einem anderen Grund ins Konzept passe, wie er sagt, das kommt der Wahrheit wohl erheblich näher. Er habe mit seinen Mitstreitern schon länger über ein neues Konzept nachgedacht. „Das bisherige Programm ist ja doch ein bisschen angestaubt“, sagt Schnorfeil. Wir brauchen eine neue, jüngere Zielgruppe. Das Radsportpublikum altert.“

Also müssen neue Impulse her, neue Gesichter, neue Musikrichtungen. Um die Generation U 30 sportlich anzusprechen, hat er Fahrer der Gruppe U 23 ins Sportprogramm aufgenommen. Und für die Action abseits des Ovals hat er auch schon eine Truppe: die Potsdamer Feuerwerker. „Die sorgen für die emotionalen Momente.“ So laut wie Frank Zander sind sie allemal.

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