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Mit dem Segway auf dem Radweg.

© Doris Klaas

Segway: Rollator mit Po-Bremse - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren wollte eine neue Firma Berlin zur Stadt der Segwayfahrer machen. Ein Selbsttest mit dem Stehroller. Fazit: Einfacher zu lernen als Radfahren. Was Thomas Loy darüber schrieb.

Der Körper drängt nach vorne und bedeutet der Elektronik: Mehr Tempo! Immerhin fahren wir auf der Leipziger Straße, der Segway und ich, und der Wind treibt Nieselregen ins Gesicht. Der Elektromotor würde 20 km/h schaffen, ist aber zur Sicherheit auf 12,5 gedrosselt. Wir fühlen uns klein und schwach und ahnen: Für Hauptverkehrsachsen ist das Spaßfahrzeug aus den USA eher ungeeignet.

Leipziger Straße? Segway-Aktivist Hendrik Schneider von der Verleihfirma Yoove macht große Augen. Als Anfänger sollte man sich nicht gleich ins Kampfgetümmel des Berliner Autoverkehrs stürzen. Die geschmeidigen, auf Gewichtsverlagerung reagierenden Stehroller sind eher für freundliche Parkwege und ruhige Nebenstraßen gedacht.

Dieses Jahr soll für den Segway in Berlin der Durchbruch kommen. Daran arbeiten seit März die Gründer von Yoove zusammen mit dem Energieriesen RWE. 100 Segways wolle man anschaffen – Stückpreis: 8000 Euro – und an zunächst fünf Verleihstationen anbieten, die Stunde für knapp 15 Euro. Ein ganzer Tag auf dem Segway soll 69 Euro kosten. Eine Batterieladung reicht für 38 Kilometer.

Bisher waren Segwayfahrer in Berlin meistens im Pulk unterwegs, als Touristengruppe auf geführten Sightseeing-Touren. Yoove will jetzt den Segway-Individualverkehr anschieben und wirbt für den Stehroller als ideales Transportmittel für Streifenpolizisten, Objektschützer oder Messebesucher. In den USA werde der Segway schon zur Verfolgung von Straftätern eingesetzt, erzählt Schneider. Der Vorteil: Während sich der Täter beim Wegrennen verausgabt, kann der Segway-Cop seine Energie für den entscheidenden Zugriff aufsparen. Die Düsseldorfer Flughafenpolizei rolle schon mit Segways durchs Terminal.

Nach anfänglichem Ausbremsen durch die Senatsverkehrsverwaltung ist Segwayfahren in Berlin inzwischen erlaubt. Auf Radwegen, und wenn es keinen Radweg gibt, auf Straßen. Gehwege sind offiziell tabu, aber niemand meckert, wenn man auf breiten Trottoirs wie am Potsdamer Platz seine Runden dreht.

Segways werden von ihren Feinden als motorisierter Rollator verunglimpft, die Freunde sehen darin eine Vervollkommnung der menschlichen Evolution: vom Fortschreiten zum Dahinrollen. Mit leichter Kniefederung – wie beim Skifahren – meistert der Segwayfahrer problemlos niedrige Bordsteinkanten und kleinere Schlaglöcher.

Das Stehen und Lenken ermüdet auf längeren Distanzen die Beinmuskulatur. Segwayfahren hat also eine sportliche Komponente. Stramme Wanderer werden das Gerät trotzdem verachten. Von außen betrachtet, sieht das Fahren schwierig aus. Dabei ist es viel einfacher zu lernen als Radfahren. Das nötige Ausbalancieren übernimmt die Sensorik. Ein wenig Mut braucht es nur beim Auf- und Absteigen. Für scharf Bremsen gibt es eine einfache Regel: Po rausstrecken. Thomas Loy

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren".

Weitere Informationen unter www.yoove.com

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