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Berlin: Sehen statt hören: Konzert für Taube im SO 36 Romanze im Affengehege

„Ivo“ und „Bibi“ kamen sich näher – sagen ihre Fans

Fernsehen für Blinde gibt es seit Jahren. Neben den Dialogen, Geräuschen und Tönen erklärt eine Off-Stimme Handlungen und Szenen, so dass der Film fast wie ein Hörspiel funktioniert. Aber Musik für Gehörlose? Am kommenden Samstag besteht im SO36 die Möglichkeit, das zu erleben – bei einem Konzert, das von Gebärdensprachlern übersetzt wird: Stereo Total, Electronicat, Namosh und andere Künstler des elektronischen Underground spielen auf einem Benefizkonzert für die HIV/Aids-Prävention – und fünf Gebärdensprachler werden die Musik für Menschen, die nichts hören, übersetzen.

In Gebärdensprache lässt sich all das ausdrücken, was sich auch in der normalen Sprache sagen lässt, weiß Wolfgang Müller. Der Künstler gab vor acht Jahren erstmals ein Konzert für Gehörlose und wird den Abend im SO 36 moderieren. Es gebe sogar, ähnlich wie beim Sprachvergleich eines Bayern und eines Mecklenburgers, Dialekte. Gehörlose könnten aber auch Musik genießen, etwa hohe oder tiefe Frequenzen, Rhythmik und akustische Schwingungen wahrnehmen. Doch Müller wollte auch wissen, „ob man Musik in Gebärden und Gebärdensprache übersetzen kann“. Dazu ließ er die Musik seiner damaligen Band „Die Tödliche Doris“ von zwei Gebärdensprachlerinnen umsetzen. Und das funktionierte. Die Gebärdensprachler interpretieren, was sie hören: Sie verändern ihr Gesicht bei harter, düsterer Musik schmerzverzerrt oder hämmern mit den Fäusten. Andererseits hellt sich ihre Mimik bei leichter, freundlicher Musik auf.

Schon in den 80er Jahren hat Müller mit seiner Band Gehörlose in Aktionen einbezogen. Im Laufe der Jahre setzte er sich immer wieder mit diesem Thema auseinander. Heraus kam dabei auch ein Hörspiel mit den Stimmen Gehörloser oder eine Solo-Platte, auf der er mit – für den Menschen nicht hörbaren – Geräuschen von Fledermäusen arbeitete. Wie die Gebärdensprachler die Musik der Künstler aus Paris, Edinburgh, New York, Texas und Berlin jetzt umsetzen, kann man sich am Samstag ab 22 Uhr ansehen.

„Nackt“ findet am Samstag, 21. Oktober im SO 36, Oranienstraße 190 statt. Einlass 21 Uhr, Beginn 22 Uhr, Eintritt 10 Euro.

„Die Süße da oben ist Djambala, die hat der Chef daheim mit der Flasche aufgezogen“, wird am Gehege der Gorillas die unbekannte Zoo-Besucherin ungefragt über die muntere Baumkletterin informiert. „Stimmt’s? Ohne das Affenbaby können Sie jetzt auch mal wieder Urlaub machen“, wendet sich eine der älteren Damen an den eben hinzugetretenen Chef-Tierpfleger im Affenhaus. Man kennt sich – „Stammaffendamen“ nennt Reimon Opitz die überwiegend weiblichen Fans seiner Pfleglinge. Etwa zehn bis zwölf Getreue versammeln sich täglich vor den Gorillas, um stundenlang ihre Lieblinge zu beobachten – allen voran „Ivo“, den Silberrücken – so nennt man die Leittiere von Gorilla-Gruppen nach ihrem silbrig behaarten Rücken, der ein Kennzeichen für Reife und Kraft ist.

Der 18-jährige Gorilla kam 2005 aus Amsterdam nach Berlin, um hier als Nachfolger des 2005 verstorbenen „Derrick“ für Nachwuchs zu sorgen. Was bisher nicht klappte. „Tote Hose“ wurde Ivo da schon mal hinter seinem Silberrücken genannt – trieb er es in Berlin doch zwar mit der 13-jährigen „Effi“, aber rausgekommen ist bei ihr im Leipziger Zoo nichts. Dort lebt „Effi“ seit dem Frühjahr.

Der Herr der Affen wäre nicht abgeneigt, die „Himmelsstürmerin“, wie er das dominante Gorilla-Weibchen nennt, als zeugungsfähiges Mitglied wieder in die „Ivo“-Gruppe zu integrieren. Zu der gehört neben der erst fünfjährigen „Djambala“ auch die 20-jährige „Mpenzi“. „Das ist ein richtiges Mannweib“, sagt eine aus dem Fanclub über die Gorilladame, die eine der größten in Deutschland sein soll. Mit „Ivo“ hat die Riesin leider nichts im Sinn. Damit der nun aber nicht vergisst, wozu er nach Berlin kam, wurde ihm Ende September eine weitere Gorilla-Dame präsentiert.

„Bibi“ heißt die 100 Kilo schwere Leihgabe aus dem niederländischen Zoo Apenheul in Apeldoorn. Sehr sozial, freundlich und friedlich charakterisiert Opitz seine „Brautwahl“. Ohne Gerangel habe sich die neunjährige „Bibi“ fast sofort in Berlin integriert. Dass sich „Ivo“ und „Bibi“ mehr als grün sind, war schnell publik. Immerhin verteidigt er die Neue schon, wenn „Mpenzi“ mit ihr stänkert. Ob es aber fruchtbare Folgen hat, was die beiden kürzlich am hellerlichten Tag coram publico auf der Wiese und im Graben des Gorilla-Geheges getrieben haben sollen – Reimon Opitz kann es noch nicht sagen.

Nur aus dem Fanclub von „Ivo“ hat er überhaupt erfahren, dass dieser sich endlich männlich regte. Der Chef-Affenpfleger nimmt dabei an, dass sich „Bibi“ dem Silberrücken angeboten habe. Ob der aber „richtig zugeschlagen“ hat, wisse man erst in etwa drei Monaten, wenn sich bei ihr vielleicht ein leichtes Bäuchlein zeige. Wenn nicht, ist guter Gorilla-Nachwuchsrat teuer. Oder die „Stammaffendamen“ bekommen ihren Willen und „Effi“ zurück. hema

Martin Schlögl

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