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Für die Vielfalt auch mit Geige: Armin Mueller-Stahls Lieder bewegen sich zwischen Jazz und Chanson, Witz und Wehmut.

© picture alliance / dpa

Auftritt der Woche: Die andere Saite des Armin Mueller-Stahl

Auf der Berlinale bekommt Armin Mueller-Stahl den Ehrenbären verliehen. Am Sonntag greift der 80-Jährige im Admiralspalast zur Geige. Die Songs schrieb er noch zu DDR-Zeiten.

Der Grandseigneur, der Herr, der Weltstar – das sind so die Floskeln, die die Heiligsprechung eines Künstlers zum Karriereabschluss anzeigen. Und die Auszeichnungen, mit denen der im Dezember 80 Jahre alt gewordene Armin Mueller-Stahl gerade in dichtem Takt überhäuft wird: Ehrenessen beim Bundespräsidenten, Ehrenbürger Schleswig-Holsteins, nordrhein-westfälischer Verdienstorten, Goldene Kamera und demnächst der Ehrenbär der Berlinale.

Mueller-Stahl, der in Berlin, Los Angeles und in Sierksdorf an der Ostsee lebt, nimmt das gerne mit und macht sich zugleich den Spaß, noch mal als Anfänger unterwegs zu sein. Auf einer am Dienstag in Potsdam beginnenden Konzerttournee, die am Monatsende in Cottbus endet und kommenden Sonntag im Berliner Admiralspalast Station macht, stellt er jetzt sein Debütalbum „Es gibt Tage…“ vor, das Ende vergangenen Jahres erschienen ist.

Schuld daran ist seine Frau. Es sei ihr Wunsch gewesen, „die Lieder auch mal ins Leben zu bringen“, sagt Armin Mueller-Stahl. Er selbst hat sich gescheut. Alles schon viel zu lange her. Einige sind mehr als 45 Jahre alt, geschrieben in einer anderen Zeit, einem untergegangenen Land, der DDR. Eingespielt hat Mueller-Stahl die 17 Songs dann doch, im vergangenen August in Berlin mit seinem alten Freund, dem ruhmreichen Jazzer Günther Fischer an Piano und Saxophon und dem nicht minder ruhmreichen Akkordeonisten Tobias Morgenstern. Sie und Rainer Oleak begleiten den Sänger, Flötisten und Geiger Mueller-Stahl. Wobei begleiten ziemlich untertrieben ist. Es ist eher ein intimer Dialog aus Gesang und sehr zarter, pointierter Instrumentierung, der sich auf dem zwischen Jazz und Chanson, Witz und Wehmut changierenden Album entspinnt. Günther Fischer, mit dem der studierte Violinist und Musikwissenschaftler Mueller-Stahl schon seit Jugendtagen Musik macht, hat auch ein paar Melodien beigesteuert. Die teils skurrilen, bei einem Song wie „Die Spinne und der Floh“ oder „Die blaue Kuh“ an Fabeln oder Kinderlieder erinnernden Texte stammen alle von Armin Mueller-Stahl. Sie klingen verschlüsselt, metaphorisch – eben diese spezielle Art von Songschreiberpoesie, die die von der Stasi überwachte DDR-Musikszene hervorgebracht hat. Um die Staatssicherheit, die den 1980 aus der DDR ausgereisten Schauspieler immer im Visier hatte, dreht sich auch die Ballade „Marie hat eine Nase“. Einige der von Liebe und Trauer, Alltag und Schikanen handelnden Texte kann man in Mueller-Stahls Buch „Die Jahre werden schneller“ nachlesen, das kürzlich im Aufbau-Verlag rauskam.

Das Musikprojekt sei ein merkwürdiger Rückmarsch in die Vergangenheit gewesen, sagt Mueller-Stahl, der eine 50-jährige risikofreudige und in Ost, West und Hollywood erfolgreiche Schauspielerkarriere vorweisen kann. „Alte bedrückende Gefühle kamen wieder hoch, aber wir haben versucht, sie musikalisch heiter rüberzubringen.“ Schwere Texte des bekanntlich auch noch als Maler geschätzten Dichters Mueller-Stahl sind dabei schwer geblieben. Wie im zartbitteren Titelsong: „Es gibt Tage / Da bin ich so unversöhnt / Da hätte ich mir am liebsten / Die Menschen abgewöhnt.“

Hat Armin Mueller-Stahl aber zum Glück dann doch nicht. Sonst hätte er den traurigen Immigrantenclown Helmut in Jim Jarmuschs „Night on Earth“ nie so herzzerreißend gespielt. Sonst stünde er jetzt als Sänger nicht so verschmitzt und lässig auf der Bühne: Grandseigneur, Herr, Weltstar, Greis und Kind.

Konzertauswahl: Di 8.2. Nikolaisaal Potsdam, 20 Uhr, ausverk.; So 13.2. Admiralspalast Berlin, 19 Uhr, ab 52 Euro; Mo 28.2. Stadthalle Cottbus, 20 Uhr, ab 48 Euro

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