zum Hauptinhalt

Berlin: Seine besten Ideen hat er beim Plantschen - im vergangenen Jahr vier Mal erfolgreich

Die Bretter, die die Welt bedeuten - für Thorsten Gimmler sind die nicht aus Holz, sondern meist aus festem Karton, und sie heißen "Siedler von Catan", "El Grande" - oder "Kap Hoorn". Dieses Brettspiel hat der begeisterte Hobbyspieler selbst erfunden.

Die Bretter, die die Welt bedeuten - für Thorsten Gimmler sind die nicht aus Holz, sondern meist aus festem Karton, und sie heißen "Siedler von Catan", "El Grande" - oder "Kap Hoorn". Dieses Brettspiel hat der begeisterte Hobbyspieler selbst erfunden.

In Thorsten Gimmlers Wohnung stapeln sich die Pappschachteln mit Spielen bis unter die Decke. Etwa 600 Spiele seien in den letzten fünf bis zehn Jahren zusammengekommen, sagt der 33-jährige Diplomingenieur. Spieleabende nehmen einen festen Platz in seinem Leben ein: Montags trifft er sich mit wechselnden Spielefans in einer Eckkneipe, am Wochenende sind Frau und Freunde dran. Fest eingeplant ist seit der Schulzeit auch die Doppelkopfrunde, die er alle 14 Tage zusammentrommelt.

Irgendwann aber hat ihm das Spielen allein nicht mehr gereicht. "Da hab ich mir vorgestellt, wie schön es doch wäre, ins Kaufhaus zu gehen, auf ein Spiel zu zeigen, und zu sagen: das ist von mir", so Gimmler. Seine erste Spielidee hatte er 1993 auf seiner Hochzeitsreise nach San Francisco: "Flucht von Alcatraz" hat er es genannt. Das Austüfteln eines neuen Spiels kann schon mal ein halbes Jahr dauern. "Ist der ungefähre Spielverlauf klar, muss ein Prototyp erstellt werden.

"Das bedeutet Basteln, Kleben, Schneiden", erläutert Gimmler. Der Spielplan wird auf Papier gemalt, kleine Plättchen oder Spielfiguren müssen gebastelt werden. Dann beginnt die Testphase im Freundeskreis, um festzustellen, ob die Idee ausgereift ist. "Wenn nicht, muss man sich überlegen, an welcher Schraube man dreht: Mehr Karten, oder eine Veränderung am Spielfeld, oder eine weitere Spielregel", erklärt Gimmler. "Manchmal ist es auch gut, das Spiel einfach nochmal in den Schrank zu legen."

Als er den Prototypen für die "Flucht von Alcatraz" fertig hatte, fuhr er damit zum Spieleautoren-Treffen nach Göttingen, um ihn den Vertretern großer Spieleverlage zu präsentieren. Doch deren Reaktion war enttäuschend: Zu konstruiert, urteilten sie. "Das war sehr frustrierend. Ich hatte mir mehr erhofft", sagt der Autor heute.

Doch Gimmler gab nicht auf. Er legte die "Flucht von Alcatraz" beiseite und widmete sich neuen Ideen. Der Gedanke, ein Abenteuerspiel zu entwickeln, bei dem es gilt, Kap Hoorn zu umschiffen, kam ihm in der Badewanne. "Dort habe ich immer die besten Ideen", sagt er. Im Winterurlaub dachte er sich "Pool Position" aus, bei dem die Spieler um die beste Liege am Swimmingpool wetteifern. Beim zweiten Versuch auf dem Göttinger Autorentreffen hatte Gimmler mehr Glück: "Pool Position" und ein ebenfalls von ihm erfundenes Kartenspiel kamen gut an. Wenig später konnte er auch "Kap Hoorn" unterbringen. Im vergangenen Jahr kamen alle drei Spiele auf den Markt - und ein viertes folgte: Das "Millennium"-Spiel, zu dem ein Verlag den fertigen Spielplan lieferte und Gimmler sich "nur noch" den Ablauf auszudenken brauchte.

Auch wenn er mit seinen Spielen bei den Verlagen gut ankommt - leben kann Gimmler von seinem Hobby nicht. "Es ist ein nettes Taschengeld, mehr nicht", sagt er. "Am schönsten ist wirklich, dass man sagen kann: Das ist mein Spiel." Obwohl der Zeitaufwand hoch ist, empfindet er es noch lange nicht als Arbeit. Nur ein Manko hat er entdeckt: "Es ist verdammt schwer, eine Anleitung zu schreiben. Ich habe Schwierigkeiten, meine Spiele zu erklären." Seine Stärken sieht der Elektrotechniker im logischen Denken, das man für das Austüfteln der Abläufe braucht und in der Kreativität.

Er würde sein Hobby gern zum Beruf machen und in einem Spieleverlag arbeiten, doch die Stellen sind rar. Im Herbst hat Gimmler sein Studium abgeschlossen - in Zukunft wird er weniger Zeit für seine Spiele haben. "Ein Leben ohne Spiele kann ich mir aber nicht vorstellen", sagt er. "Davon komme ich nicht mehr los." Obwohl sein Hobby langsam zum Platzproblem in der Dreizimmerwohnung wird - seine Frau nimmt es gelassen. Und seine Kinder, drei und ein Jahr alt, "die werden mal meine Tester."

Inzwischen hat Thorsten Gimmler schon wieder drei Spiele fertig. Silvester hat er sie noch einmal intensiv mit Freunden getestet, jetzt wartet er auf die Reaktion aus den Verlagen. Ein weiteres Kartenspiel soll im Frühjahr herauskommen. Dass ihm die Ideen ausgehen, davor hat der Spieleautor keine Angst: "Ideen hab ich massenweise - im Moment so zehn bis fünfzehn." Dabei hat auch er den Traum, den wohl jeder Spieleautor kennt: "Auch wenn es wohl nicht realisierbar ist - einmal das Spiel des Jahres herauszubringen." Dieser Kritikerpreis, das ist für ihn der Spieleolymp.

Immerhin: Einen Erfolg kann Gimmler für sich verbuchen. 1997 siegte er bei einem internationalen Spiele-Turnier in Berlin und gewann eine Reise nach Spanien. Mit viel Spielerglück erhält er vielleicht irgendwann einmal die höchste Auszeichnung auf den Brettern, die für ihn die Welt bedeuten.

Zur Startseite