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Berlin: Seit drei Jahren ohne Pulsschlag

Uwe Magdeburg lebt mit einer neuartigen Herzpumpe – entwickelt in Berlin

Uwe Magdeburg lebt seit 1010 Tagen mit zwei Herzen. „Seit drei Jahren ist mein Leben wieder ganz normal“, sagte der 56-jährige Rentner aus Cottbus am Dienstag im Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB). Magdeburg ist einer von 198 Patienten auf der Welt, die eines der in Berlin erfundenen Incor-Kunstherzen in der Brust haben. Das Kunstherz in Magdeburgs Körper arbeitet mit einer neuen Technologie. Das natürliche Herz bleibt erhalten und eine implantierbare Pumpe, die mit einem magnetisch gelagerten Rotor arbeitet, versorgt den Kreislauf mit sauerstoffreichem Blut. Dieser Rotor dreht sich bis zu 10 000 Mal pro Minute, arbeitet geräuschlos, ohne Reibung und Wärmeentwicklung. Wesentlich ist, dass nicht mehr stoßweise gepumpt wird, sondern ein kontinuierlicher Strom entsteht.

„Deshalb haben die Patienten auch keinen messbaren Pulsschlag mehr“, erklärte der Direktor des DHZB, Roland Hetzer. Die Energie für das Kunstherz wird von Akkus erzeugt, die Magdeburg in einer großen Umhängetasche untergebracht hat. Hetzer bezeichnete das Incor-System als „eine High-Tech-Pumpe der dritten Generation“ und nannte den jahrelangen fehlerfreien Betrieb des Incor-Herzens „eine wichtige Erkenntnis für die Medizin“. Durch die langfristige Nutzung des Systems kämen Kunstherzen nicht mehr nur als Überbrückung, sondern auch als Alternative zur Transplantation in Frage.

„Vollkommen verschleißfrei ist das Kunstherz aber nicht, auch das Blut wird noch in geringem Maße geschädigt“, räumte Ingenieur Peter Nüsser ein, der die Pumpe bei der Berlin Heart AG in Kooperation mit dem Herzzentrum mit entwickelte. An der Optimierung arbeite man noch, erklärte Nüsser. „Der attraktivste Weg wäre, wenn sich das Herz wieder erholt und das Unterstützungssystem wieder explantiert werden könnte", sagt Professor Hetzer.

Das Incor-System wurde 2002 zum ersten Mal einem Patienten eingesetzt. Uwe Magdeburg war der vierte, der es im selben Jahr erhielt. Er konnte sich damals nach zwei Herzinfarkten kaum noch bewegen und litt unter Atemnot. Seitdem ist er zufrieden mit dem Kunstherz. „Am Anfang hat sich so mancher Arzt sehr erschreckt, weil ich keinen Puls hatte. Ich komme auch problemlos durch die Kontrollen am Flughafen. Allerdings gibt es Einschränkungen: Ich muss Blutverdünner nehmen und immer die drei Kilo schwere Tasche mit Steuereinheit und Akkus tragen. Und ich muss monatlich in die Klinik zur Kontrolle“, erzählt Magdeburg. Die Blutverdünner muss er nehmen, sonst bilden sich Gerinnsel, die die Gefäße verstopfen könnten. Die Akkus halten maximal zwölf Stunden, dann muss er sie wieder aufladen. Sicherheitshalber hat er immer ein Notstromaggregat zu Hause. Auch wenn Magdeburg zufrieden ist mit der Pumpe: Selbst nach fast drei Jahren hofft er immer noch auf ein Spenderherz.

Laurence Thio

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