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Berlin: Senat besiegelt Ende des City-Airports – Klagen angekündigt Verwaltung entwidmet Tempelhof zum Herbst 2008

Opposition und Wirtschaft zeigen sich empört

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung hat gestern die Entwidmung des Flughafens Tempelhof zum 31. Oktober 2008 verfügt. Opposition, Wirtschaft und Initiatoren des laufenden Bürgerbegehrens zum Erhalt des City-Airports reagierten mit Empörung. Die Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof (ICAT) kündigte eine Verfassungsklage an.

Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) bezeichnete die Entwidmung als notwendigen Bestandteil der Konzeption des Planfeststellungsbeschlusses für den BBI. Der Bescheid sei eine Voraussetzung für die planungsrechtliche Vorbereitung der Nachnutzung des Flughafengeländes. Die Einstellung des Flugbetriebes biete die „einmalige Chance“, zehntausende Anwohner vom Fluglärm zu befreien. Die Entwidmung sei ein wichtiger rechtlicher Schritt für den Hauptstadt-Airport BBI, erklärte Flughafenchef Rainer Schwarz.

Er sei „entsetzt“ über die „Taschenspielertricks“ des Senats, sagte der ICAT- Vorsitzende Andreas Peter. Er kündigte an, alle juristischen Möglichkeiten zu nutzen, um zu verhindern, dass bei einer Rechtswirksamkeit des Entwidmungsbescheides das Bürgerbegehren ausgehebelt wird.

Das Verhalten des Senats sei eine „Kriegserklärung an den Bund“, sagte der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des Bundestages, Otto Fricke (FDP). Mit seiner Entscheidung habe der Senat „Angst vor der Demokratie“ bewiesen. Fricke mutmaßte, der Bescheid sei „nicht ohne Wollen und Wissen“ des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) ergangen, zu einem Zeitpunkt, wo über den Bundeshaushalt 2008 beraten werde und Berlin vom Bund in vielen Punkten Unterstützung wolle. Diese werde man nach diesem „Alleingang“ des Senats auch im Interesse des Steuerzahlers noch einmal überprüfen müssen.

Das Vorgehen sei „an Dreistigkeit nicht zu überbieten“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner, Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie. Vor dem Hintergrund des Bürgerbegehrens sei es „skandalös“, dass der Senat versuche, die Volksmeinung auszuhebeln, wenn sie nicht seine eigene sei. Von Wowereit habe er bisher „kein wirkliches Argument“ für die Schließung Tempelhofs gehört.

Hier werde „mit einem Verwaltungsverfahren ein Volksbegehren verhöhnt“, erklärte der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Friedbert Pflüger. „Dieser Schritt ist an Frechheit und Arroganz nicht zu überbieten“. Der Schritt sei „eine selbstgerechte Missachtung“ der Ratschläge von Persönlichkeiten wie Richard von Weizsäcker, Helmut Kohl und Helmut Schmidt, die sich alle für den Fortbestand des Zentralflughafens ausgesprochen haben, sagte Pflüger. Niemand wolle den Großflughafen BBI gefährden, Tempelhof aber habe Zukunft für Geschäftsflieger.

Für die Grünen-Abgeordnete Claudia Hämmerling hat der Beschluss „einen schalen Beigeschmack“. Obwohl ihr Anliegen „fatale Folgen für Berlin“ hätte, würden die Unterzeichner des Volksbegehrens das Recht haben, ernst genommen zu werden.

Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Christian Wiesenhütter, sprach von einem „Affront“ gegenüber den Berlinern. „Mit diesem Beschluss werden der Mehrheitswille der Bevölkerung und das geplante Volksbegehren ignoriert.“

Rainer W. During

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