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Berlin: Senat einigt sich auf Höchstmieten für Langzeit-Arbeitslose Überhöhte Kosten werden bis zu zwei Jahre gezahlt. Mieterverein kritisiert Richtwerte als zu niedrig

Nach mehrwöchigem Streit zwischen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) hat sich der Senat gestern auf die Richtwerte für angemessene Mieten von Langzeit-Arbeitslosen geeinigt. Demnach kann ein zweiköpfiger Haushalt, der Arbeitslosengeld II (ALG II) bekommt, in einer Wohnung mit einer Miete bis zu 444 Euro inklusive der Betriebs- und Heizungskosten wohnen.

Nach mehrwöchigem Streit zwischen Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) und Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) hat sich der Senat gestern auf die Richtwerte für angemessene Mieten von Langzeit-Arbeitslosen geeinigt. Demnach kann ein zweiköpfiger Haushalt, der Arbeitslosengeld II (ALG II) bekommt, in einer Wohnung mit einer Miete bis zu 444 Euro inklusive der Betriebs- und Heizungskosten wohnen. Bis zu dieser Höhe werden die Kosten komplett von den Bezirksämtern übernommen. Bei einem Single-Haushalt darf die Bruttowarmmiete 360 Euro betragen. Die Wohnungsgröße als Kriterium spielt hingegen keine Rolle.

Knake-Werner bezeichnete die Regelung, die zum 1. Juli in Kraft treten soll, als einen „nach langem, zähen Ringen“ erzielten, vernünftigen Kompromiss. Die Regelung werde gewährleisten, dass die Betroffenen in der Regel auch künftig in ihrer gewohnten Umgebung wohnen können. „Wir wollen in Berlin keine Massenumzüge“, sagte Knake-Werner. Durch die festgelegten Miethöhen würden 80 Prozent des Berliner Wohnungsbestandes abgedeckt, so dass es nicht zu einer Entmischung der Wohngebiete komme.

Die Richtlinie tritt zum 1. Juli in Kraft. Sie sieht zudem Übergangsfristen vor. Im ersten Jahr des ALG-II-Bezugs wird jede Miete bezahlt; danach hat ein Betroffener ein halbes Jahr, in besonderen Fällen sogar ein Jahr Zeit, sich eine billigere Wohnung zu suchen oder selbst zu versuchen, beispielsweise durch Untervermietung die Kosten zu senken. Außerdem gibt es Härtefallregelungen etwa für alleinerziehende Mütter mit mehreren Kindern, ältere, behinderte oder schwerkranke Menschen, bei denen auch zu hohe Mieten weiter gezahlt werden. In anderen Fällen – etwa bei Schwangeren, Familien mit kleinen Kindern und Menschen, die seit 15 Jahren in ihrer Wohnung leben, – können die Kosten um bis zu zehn Prozent überschritten werden.

Knake-Werner konnte gestern jedoch nicht sagen, wie viele ALG-II-Empfänger derzeit in zu teuren Wohnungen leben und einen Zwangsumzug fürchten müssen. „Die Daten haben wir nicht“, sagte Knake-Werner. Sie verwies aber darauf, dass die durchschnittliche Miete weit unter den Richtwerten liege. Der Hauptgeschäftsführer des Mietervereins, Hartmann Vetter, nannte es „unverantwortlich“, dass der Senat auf einer ungesicherten Datenbasis die Miethöhen festgelegt habe. „Es wird sozial experimentiert, ohne die Folgen für die Betroffenen und die Wohnquartiere abschätzen zu können“, sagte Vetter. Zudem seien Bemessungswerte nicht „sehr hoch“.

In Berlin erhalten rund 280 000 Haushalte Arbeitslosengeld II. Betroffen sind 490 000 Menschen. Der Senat gibt für die Wohnungskosten 700 Millionen Euro aus; der Bund zahlt 300 Millionen Euro.

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