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Berlin: Senat hält ungewöhnliche Entscheidungsmethode in "Friedrichshain/Kreuzberg" für zulässig

Der Münzwurf, mit dem das Rathaus Friedrichshain zum Bürgermeistersitz im Fusionsbezirk mit Kreuzberg bestimmt wurde, war formal zulässig. "Es ist allein Sache der Bezirke, die Fusionen vorzubereiten", sagte Stefan Paris von der Innenverwaltung.

Der Münzwurf, mit dem das Rathaus Friedrichshain zum Bürgermeistersitz im Fusionsbezirk mit Kreuzberg bestimmt wurde, war formal zulässig. "Es ist allein Sache der Bezirke, die Fusionen vorzubereiten", sagte Stefan Paris von der Innenverwaltung. Die Methode sei egal, sofern Beschlüsse nicht "offensichtlich rechtswidrig" oder "sachfremde Gründe" im Spiel seien. An ähnliche Losentscheide konnte er sich jedoch nicht erinnern.

Gestern sprachen sich weitere Details aus der denkwürdigen Bezirksamtssitzung vom Dienstag herum. Als erster hatte Kreuzbergs Rathaus-Chef Franz Schulz (Grüne) versucht, die Fronten zu durchbrechen: Er schlug ein entscheidendes Schachspiel mit seinem Friedrichshainer Kollegen Helios Mendiburu (SPD) vor. Doch der erinnerte sich an seine Niederlage bei einem Schachduell der Bürgermeister im Juli 1998 - und zog lieber ein Fünfmarkstück hervor. Man einigte sich, den Kreuzberger Rechtsamtsleiter werfen zu lassen. Schulz setzte auf Adler, aber Mendiburu siegte mit Zahl.

Die Kreuzberger CDU und SPD reagierten, wie berichtet, empört. Die Stimmung unter Mitarbeitern des Rathauses an der Yorckstraße schwankte gestern zwischen Ärger und Ungläubigkeit. Manche sprachen von einer "feindlichen Übernahme", andere meinten, die Methode werfe "ein bezeichnendes Licht auf Politiker".

Zufallsbeschlüsse kennt man in Kreuzberg schon - aber nur von der Spaßpartei "Kreuzberger Patriotische Demokraten / Realistisches Zentrum (KPD / RZ)". Deren Ex-Verordnete Nanette Fleig warf vor jeder Stimmabgabe eine Münze. Ähnlich hält es ihr Nachfolger Riza Cörtlen: er würfelt.

Den Münzwurf im Bezirksamt nannte Friedrichshains Jugendstadtrat Joachim Kohl (CDU) gestern "fair". Aber: "Ich glaube nicht, dass es damit ausgestanden ist." Er erwartet noch hitzige Diskussionen in den BVVen - auch wenn diese keinen Einfluss auf den Beschluss mehr haben dürften.

Verantwortlich für das lange Tauziehen seien "Befindlichkeiten auf beiden Seiten, die sich aufgetürmt haben", sagt Stadtrat Kohl. Kreuzbergs Bürgermeister meint, die Entscheidungsfindung sei schwierig gewesen, "weil dies eine Ost-West-Fusion ist". Von beiden Seiten sei die Angelegenheit "symbolisch überhöht" worden. Baustadtrat Matthias Stefke (CDU) formuliert es so: "Keiner wollte vom hohen Ross herunter."

Gestritten wurde vor allem darum, welche Räume geeigneter seien. Das Kreuzberger Argument, wonach das gemietete Friedrichshainer Rathaus mit jährlich 5,6 Millionen Mark zu Buche schlage, überzeugte dort nicht. Denn der Vertrag läuft 2006 aus. Stadtrat Kohl verweist zudem darauf, dass es kurzsichtig sei, nur mit der Miete zu argumentieren. Das alte Rathaus an der Yorckstraße müsse vielleicht bald teuer saniert werden - "und dann kämen wir mit unserer Miete allemal günstiger weg". Bürgermeister Schulz sieht im Rathaus Kreuzberg vor allem "ein repräsentatives Gebäude" - im Gegensatz zum Friedrichshainer Rathaus, das über einem Einkaufszentrum an der Frankfurter Allee untergebracht ist.

Für die Kreuzberger soll sich nichts ändern, denn beim Bürgermeister gibt es kein Publikumsverkehr. In Kreuzberg würde Baustadtrat Stefke gerne die Baubehörden bündeln. Auch seine Friedrichshainer Kollegin Albinus-Kloss hat "kein Problem damit, nach Kreuzberg umzuziehen".

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