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Mann mit Gewicht. Der ehemalige Chef der Berliner Treberhilfe, Harald Ehlert, zieht weiterhin die Fäden in dem Sozialunternehmen.

© dapd

Soziales Berlin: Senat bei sozialen Trägern weiter freigiebig

Ein bisschen scheint es, als hätte der Senat nur wenig aus der "Maserati-Affäre" gelernt: Vereinbarungen zur Vergütung von Einrichtungen wie der Treberhilfe gelten oft unverändert weiter und werden nur selten aufgekündigt.

Der Senat zahlt weiterhin großzügig Entgelte an soziale Unternehmen wie die Treberhilfe – trotz der Affäre um den aufwendigen Fuhrpark samt Dienst-Maserati und Villa am Wasser. Dabei zieht die Firma des umstrittenen „Sozialunternehmers“ Harald Ehlert seit Jahren hohe Renditen aus dem Geschäft mit Not leidenden Menschen. Die Sozialverwaltung will dies zwar durch eine Änderung des Sozialgesetzbuches stoppen – dem muss aber noch der Bundestag zustimmen. Beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Berlin, einem der großen Sozialverbände, heißt es dagegen, das Land könne sofort handeln: „Der Senat könnte seine Vergütungsvereinbarungen mit der Treberhilfe kündigen, wenn er meint, dass die Einrichtung zu hohe Entgelte bekommt“, sagt Rainer Lachenmayer, Referent beim Paritätischen.

Die Senatsverwaltung für Soziales bestätigte auf Anfrage, dass man nun auch diesen Hebel ansetzen will: „Bei der Treberhilfe werden drei Verträge von Kriseneinrichtungen für Obdachlose neu verhandelt“, sagte Sprecherin Anja Wollny. Untersucht würden etwa die Kalkulation der Betreuungskosten für erwachsene Obdachlose durch den Träger. Insgesamt gebe es sechs Verträge mit der Treberhilfe über die Bezahlung von Entgelten in diesem Bereich, der eine der größten Einkunftsquellen der Einrichtung ist.

Die Höhe der Entgelte, so Lachenmayer, werde durch die Vergütungsvereinbarungen mit jedem sozialen Träger einzeln vereinbart. Dennoch würden alle Einrichtungen zum Beispiel im Bereich der Betreuung von Wohnungslosen dieselben Entgelte erhalten – „obwohl jeder Träger selbstständig über die Bezahlung seiner Mitarbeiter bestimmt“, kritisiert Lachenmayer. Genau hier öffnet sich die Schere für das Gewinnstreben in der Branche: Es wird wenig an Mitarbeiter gezahlt, aber viel Entgelt vom Senat kassiert – auf Kosten des Steuerzahlers.

Bisher hatte der Senat stets versichert, dass die Lobby der sozialen Träger faire Vergütungen und Transparenz bei der Verwendung der Mittel verhindern. Denn die Vergütungen werden durch eine paritätisch besetzte Kommission ausgehandelt, in der die Vertreter der sozialen Träger ein Vetorecht haben. Doch das bestreitet der Sozialexperte: „Es ist ein Gerücht, dass freie Träger die Preise festsetzen“, sagt Lachenmayer.

Er sagt, ein Missbrauch von Entgelten könnte auch dadurch eingedämmt werden, dass in den Vereinbarungen der Anteil der für das Personal zu verwendenden Vergütungen festgelegt wird. Wenn der Träger vertraglich verpflichtet ist, 75 bis 80 Prozent der Entgelte für die Bezahlung seiner Sozialarbeiter auszugeben, dann könne er auch keine großen Renditen mehr zur Seite schaffen.

In dieselbe Kerbe schlägt ein Verwaltungsexperte, der nicht genannt werden will: „Man müsste die Stellen finanzieren, die zur Erfüllung einer bestimmten Aufgabe erforderlich sind.“ Darüber hinaus müsse die öffentliche Hand eine Verwaltungspauschale für das betriebliche Management bezahlen. Dadurch werde die Gefahr, dass die „Verwaltungskosten“ hoch genug für die Finanzierung eines Maseratis seien, gebannt. Doch durch die gegenwärtig gültigen stundenbezogenen Pauschalen habe sich das Land auch seiner „Kontrollfunktion entledigt“.

Dass bisher solche Vorschläge wenig Beachtung fanden, liegt wohl auch daran, dass der Senat seit Ende des Jahres 2002 aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausgestiegen ist – gerade auch um Kosten im sozialen Bereich einzusparen. Würde die Höhe der Sozialarbeitergehälter festgelegt werden, dann müsste das Land fürchten, tiefer in die Tasche greifen zu müssen für die sozialen Dienste. Denn Einrichtungen wie die Treberhilfe boten trotz der hohen Renditen soziale Dienstleistungen zum vereinbarten Pauschalpreis an. Experten wie Lachenmayer fordern deshalb, dass nicht nur der Preis, sondern auch die Leistung genauer bewertet wird – zu der auch die Bezahlung nach Tarif zählen könne. Dies habe bei den Vereinbarungen bisher aber keine Rolle gespielt.

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