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Berlin: Senat soll gegen Zwangsheirat vorgehen Frauen werden in Berlin mit Gewalt und Druck in die Ehe gezwungen. FDP will Bundesrats-Initiative

Meist sind es Mädchen und junge Frauen, die sich ihren Bräutigam nicht selbst aussuchen können, sondern von ihren Familien in eine Ehe gezwungen werden. In schlimmen Fällen wird auch mit Druck und Gewalt gearbeitet; manchmal werden Frauen auch durch Vergewaltigung zur Heirat gezwungen.

Meist sind es Mädchen und junge Frauen, die sich ihren Bräutigam nicht selbst aussuchen können, sondern von ihren Familien in eine Ehe gezwungen werden. In schlimmen Fällen wird auch mit Druck und Gewalt gearbeitet; manchmal werden Frauen auch durch Vergewaltigung zur Heirat gezwungen. Oftmals sind es Türkinnen oder Kurdinnen, und oft, aber nicht immer, entstammen die Zwangsverheirateten dem islamischen Kulturkreis. Das Thema Zwangsheiraten soll jetzt auch auf die Tagesordnung des Abgeordnetenhauses, fordert die FDP. Sie bringt heute einen Antrag ein, mit dem der Senat aufgefordert wird, im Bundesrat einen Gesetzentwurf gegen Zwangsarbeit zu unterstützen. Die Initiative dafür ging vom Land BadenWürttemberg aus: Die Schwaben brachten den Gesetzentwurf, mit dem Zwangsehen bekämpft werden sollen, in die Länderkammer ein.

Berlin hat als bisher einziges Bundesland Zahlen erhoben: Bei einer Umfrage des Senats in mehr als 50 Jugend- und Beratungseinrichtungen kam heraus, dass im Jahre 2002 rund 230 Fälle von Zwangsverheiratung aktenkundig wurden. Allgemein wird aber von einer sehr viel höheren Dunkelziffer ausgegangen. Bei einer früheren Befragung im Virchow-Klinikum gab etwa ein Viertel der türkischen Frauen an, ihren Ehemann nicht selbst ausgesucht zu haben. In der Türkei gilt die so genannte „vermittelte Ehe“ noch immer als Selbstverständlichkeit. Der Verein Terre des Femmes schreibt in seiner Broschüre „Zwangsheirat“ unter Bezugnahme auf eine Befragung in der Türkei im Jahr 2000, dass 60 Prozent der Frauen in einer vermittelten Ehe lebten. Etwa jeder zweiter Jugendliche in Berlin holt sich seinen Ehepartner aus der Heimat der Eltern oder Großeltern. Der andauernde Nachzug von Ehefrauen trägt wiederum dazu bei, dass es immer wieder die Sprachprobleme in den Familien gibt.

Der Gesetzesantrag aus Baden-Württemberg sieht im Wesentlichen folgende Änderungen vor: Erstens soll ein neuer Straftatbestand ins Strafgesetzbuch eingefügt werden, der bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe für den Fall vorsieht, dass jemand einen anderen zur Eingehung einer Ehe nötigt. Außerdem soll die einjährige Frist zur Aufhebung einer erzwungenen Ehe wegfallen, damit Betroffene die Ehe auch später noch ungültig machen können. Zudem dürfe es keine Nachteile der Frauen beim Unterhaltsanspruch geben. Dies gilt auch für nachgeholte Ehefrauen aus der Türkei.

Die Berliner Rechtsanwältin Seyran Ates verweist darauf, dass sich viele Frauen, die vor der Zwangsheirat stehen, gar nicht trauen, Strafanzeige zu erstatten. Das würde sich vermutlich ändern, wenn ein öffentliches Bewusstsein für die Rechtswidrigkeit solcher Zwangsverheiratungen entstünde, meint die Trägerin des diesjährigen Frauenpreises des Berliner Senats.

Der Integrationsbeauftragte des Senats, Günter Piening, fordert in diesem Zusammenhang, dass Mitarbeiter der Jugendämter für den Umgang mit spezifischen Problemen jugendlicher Migrantinnen wie etwa Zwangsverheiratungen qualifiziert werden. Auch soll es in Schulen Ansprechpartnerinnen für Mädchen mit Migrationshintergrund geben. In Bundestagsausschüssen wird zudem zurzeit ein Gesetzentwurf der rot-grünen Koalition zum Menschenhandel diskutiert, worin auch Zwangsheiraten als schwerer Fall der Nötigung erfasst werden sollen.

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