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Zusammen mit Klaus Wowereit (r.) will Nußbaum den Senat im Dezember 2014 verlassen.

© picture alliance / dpa

Senator Ulrich Nußbaum: Ein eleganter Finanzjongleur zieht sich zurück

Feiner Zwirn, Einstecktuch, Bentley. Als "Millionär zum Anfassen" kam Unternehmer Ulrich Nußbaum 2009 nach Berlin - und weckte große Hoffnungen.

Er ist seit Jahren der beliebteste Senator in der Stadt. Der Leichtigkeit und dem Charme des Ulrich Nußbaum' ist das wohl zu verdanken - und dem selbstbewussten Auftritt des schlagfertigen Senators mit dem ganzjährigen Urlaubsteint. Der Mann verstand es, seine Politik zu verkaufen. Und er tat es, wie ein Unternehmer oder besser gesagt: wie ein Sanierer. Nach Aufbruch klang das. Es war aber tatsächlich nur die Fortsetzung des Projektes, dem der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit lange vor Nußbaum einen prägnanten Namen gegeben hatte: "Sparen, bis es quietscht".

Wowereit hatte den parteilosen aus Bremen geholt und mit Wowereit geht er nun, wie er am Freitag verkündete. Dabei war Nußbaum nicht eigentlich ein Mann Wowereits, sondern profitierte vielmehr von dem Machtvakuum des an Finanzdingen zunehmend desinteressierten Regierenden. Nußbaum dagegen fand zunehmend Spaß daran, die Not zu verwalten. Darin war er typischer Finanzsenator: Die schwarze Null im Haushalt als Maßstab für den Erfolg, er erreichte sie. Eine erfolgreiche Ära geht zu Ende, könnte man meinen.

Allein, sein Verdienst war es nur in Teilen: Thilo Sarrazin hatte vor ihm die Weichen gestellt, die teure Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus abrupt gestoppt, die landeseigenen Unternehmen mit seinen Rendite-Charts auf Excel-Tabellen traktiert und auf Leistung gestimmt, Nußbaum musste nur das begonnene fortsetzen. Auch die Konjunktur half dem durch Fischhandel vermögend Gewordenen Unternehmer: Die Berliner Wirtschaft zog an und deshalb sprudelten die Steuern stärker als zuvor. Und wo das nicht reichte, erhöhte er die Abgaben selbst, die Grunderwerbsteuer zum Beispiel.

Ein geschickter Schachzug, perfekt getimt

Ein geschickter Schachzug, perfekt getimt dazu noch: Nach dem Zensus-Schock vor wenigen Jahren setzte Nußbaum die Abgabenerhöhung durch. Berlin musste eine Lücke im Haushalt von mehreren hundert Millionen Euro schließen, weil die Statistiker die Einwohnerzahl nach unten korrigieren, was die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich schmälerten. Nußbaums Begründung: Die Grunderwerbsteuer belastet jene, die es sich am ehesten leisten können. Populär ist das, oder wahlweise populistisch - und lässt den geringsten Widerstand erwarten.

Gut möglich, dass der Zensus auch ohne Steuererhöhung gar nicht so tiefe Löcher in den Haushalt gerissen hätte, jedenfalls erreichte Nußbaum kurze Zeit später bereits die schwarze Null. Die Opposition unkt längst, dass der Unternehmer viele Reserven aufgebaut hat: Die landeseigene Immobilienfirma Berlinovo etwa, die er verkaufen wollte, kurz vor dem Abschluss des Geschäftes jedoch am Parlament scheiterte. Darin und auch bei der Führung der landeseigenen Firmen zeigte Nußbaum immer wieder sein anderes Gesicht: der des Unternehmers und Netzwerkers, der hineinregiert in die Firmen und unbequeme Aufsichtsräte durch eigene frühere Wegbegleiter ersetzt - und die Bildung einer Berlin-Holding im Auge hat. An deren Spitze hätte er gesessen, und was hätte ihn das dann noch gekümmert, wer unter ihm Regierender Bürgermeister ist.

Doch auf dem Weg zu diesem Ziel machte er sich viele Feinde und es ist deshalb wohl verstellt. Einer derjenigen, die er über Jahre bekämpfte, wird nun aller Voraussicht nach neuer Regierender in der Stadt, der amtierende Bausenator Michael Müller (SPD). Auch das dürfte dazu geführt haben, dass Nußbaum nun geht.

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