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Regula Lüscher, 54, ist seit neun Jahren Senatsbaudirektorin – und will es nach der Abgeordnetenhauswahl im September auch bleiben.

© Stephanie Pilick/dpa

Senatsbaudirektorin Lüscher: Die Baufrau von Berlin

Regula Lüscher will auch nach der Wahl Senatsbaudirektorin bleiben. Viele schätzen sie – und beklagen dennoch fehlenden Mut bei Neubauten.

Sie macht es noch einmal. Ein drittes Mal. Nach neun Jahren im Amt will Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher auch nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus als oberste Geschmackspolizistin über die Baukultur des neuen Berlin wachen. Dabei geht es ihr ähnlich wie ihrem Vorgänger im Amt: An Kritik mangelt es nicht, obwohl sie nicht poltert, sondern mit leisen Tönen ein strenges Regiment führt.

Und fast eine Dekade nach Dienstantritt zieht Lüscher ein positives Fazit: „Wir haben viele Vorhaben erfolgreich zu Ende geführt.“ Als Beispiele nennt sie die Überarbeitung des Masterplans zur Errichtung von Hochhäusern am Alexanderplatz, die Verabschiedung des Bebauungsplans für den Molkenmarkt, die letzten Abschnitte der Europa-City sowie die vom Abgeordnetenhaus angenommenen Leitlinien zur Gestaltung der historischen Mitte.

„Ja, Berlin ist doch eine schöne Stadt“, beantwortet Lüscher die Frage, ob sie nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus für eine neue Amtszeit zur Verfügung steht. „Aber das entscheiden zunächst die Berlinerinnen und Berliner“, – genau genommen wird der Bausenator entscheiden, der beim Geschacher um Ressorts zwischen der stärksten Partei und ihrem Koalitionspartner den Posten bekommt. Lüscher findet, es gebe noch viel zu gestalten in der Stadt und das „Baukollegium“ sei inzwischen ein „anerkanntes Instrument“; in dem Expertengremium stellen Bauherren ihre Vorhaben zur Debatte und bekommen Vorschläge zur Überarbeitung mit auf dem Weg.

„Erst müssten wir uns darüber verständigen, wo wir keine Hochhäuser wollen“, sagt sie.

Zu den Aufgaben der kommenden Jahre zählt sie ein Leitbild für den Bau von Hochhäusern. Bausenator Andreas Geisel fordert, dass höher und dichter gebaut wird, um die Wohnungsnot zu lindern. „Wenn der Druck groß genug ist, können wir ein Leitbild erstellen“, sagt Lüscher. In Zürich, wo die Schweizerin in ähnlicher Position gearbeitet hat, habe sie einen solchen Plan entwickelt. „Erst müssten wir uns darüber verständigen, wo wir keine Hochhäuser wollen“, sagt sie. Außerdem könnten für verschiedene Standorte unterschiedliche Höhen festgelegt werden: 70 bis 100 Meter beispielsweise und 120 bis 170 Meter. Auch die Art der Nutzung der öffentlich zugänglichen Dachgeschosse sowie die Wirkung dieser Neubauten bei Tageslicht und nachts würde ein solcher Plan festlegen.

Eine gute Architektin mit „gutem Auge für Qualität“ – so beschreibt Christine Edmaier Regula Lüscher und lobt sie auch für die „Beteiligungskultur“. Aber die Chefin der Berliner Architektenkammer kennt auch die Schattenseite ihrer Amtsführung: „Wie in Berlin Aufträge vergeben werden, entspricht nicht den bundesweiten Gepflogenheiten.“ Statt offene Wettbewerbe fänden überwiegend „verdeckte Wettbewerbe“ und „Gutachterverfahren“ statt, zu denen immer dieselben großen Büros eingeladen würden.

In Hinblick auf die Lenkung des Berliner Baugeschehens unterscheide sich Lüscher wenig von ihrem umstrittenen Vorgänger Hans Stimmann, der sich seinerzeit selbst zum „mächtigen Mann“ erklärte. Lüscher bevorzugt aber leise Töne, steht für lange Debatten, lustige öffentliche Mitmachformate, die alle aber irgendwie auf Lüscher genehme Entscheidungen hinauslaufen.

Lüscher hat ihre Versprechen nicht eingelöst, sagt Edmaier

Diese Gefahr hatten die Baupolitiker von SPD und CDU bereits zu Beginn der zweiten Amtszeit der Schweizerin erkannt und deshalb im Koalitionsvertrag die Weiterentwicklung des Baukollegiums in einen transparenten Gestaltungsbeirat mit entsprechenden Statuten und öffentlicher Beteiligung festgeschrieben. Nur: „Eingelöst wurde dieses Versprechen bislang nicht“, sagt Edmaier.

Geschickt hat Lüscher das Thema eingefangen, indem sie Abgeordneten „einen Platz am Katzentisch“ im Baukollegium einräumte, wie der stellvertretende CDU-Fraktionschef und Stadtentwicklungsexperte Stefan Evers sagt – denn mitreden dürfen auch die gewählten Volksvertreter nicht. Und die Senatsbaudirektorin ignorierte auch einfach die Architekten, die seit Jahren beharrlich auf eine Öffnung und klare Reglementierung von Lüschers für Geschmack und Stilfragen zuständiges Gremium drängen.

„Das alles verstößt nicht unbedingt gegen das Vergaberecht, wohl aber gegen Grundsätze, wie Baukultur gefördert und gepflegt wird“, sagt Edmaier. Denn ausgeschlossen aus dem Wettbewerb sind die vielen kleineren, kreativen jungen Büros, weil immer nur die großen zum Zuge kommen. Dass deren Entwürfe im Stil der von Lüscher geschätzten moderaten Moderne kaum noch voneinander zu unterscheiden sind, ist ein Kollateralschaden.

Geschickt getrickst? „So würde ich das nicht direkt sagen“, sagt Edmaier, auch wenn die Senatsbaudirektorin ihre „Lieblingsbüros“ habe. Aber mehr von jenem Mut, den Lüschers Dienstherr und Bausenator Andreas Geisel jüngst von den Architekten einforderte, würde sie sich von Lüscher schon wünschen.

Mehr Transparenz fordert Edmaier von der Senatsbaudirektion, dafür aber mehr Kompetenz. Lüschers Zuständigkeit müsse sich auch auf Wohnungsbau und Wohnungsbaugesellschaften erstrecken. Das ist bisher nicht der Fall, zuständig ist allein Lüschers gleichgestellter Kollege Engelbert Lütke Daldrup. Der sorgt dafür, dass die politisch geforderten tausenden neue Wohnungen rasch in Bau gehen. Lüscher müsste eigentlich ihrerseits sicherstellen, dass bei der Gestaltung der neuen Siedlungen und Häuser Architektur entsteht.

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