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SERIE BERLINER Chronik: 12. Monat 1961 Jahre Mauerbau

Die DDR trifft letzte Vorbereitungen für die Schließung ihrer Grenze. Und es kommen so viele Ost-Flüchtlingen nach West-Berlin wie noch nie an einem Tag

Der DDR-Ministerrat beschließt die Abriegelung der Grenze nach West-Berlin. Das Wann und Wie verrät er nicht. Der Beschluss wird erst am 13. August im „Neues Deutschland“ präsentiert. Da ist die martialische Aktion unter dem Decknamen „Rose“ längst im Gange, seit 1 Uhr nachts. An diesem Sonnabend erreicht die Zahl der Flüchtlinge den höchsten Tagesstand. Im Notaufnahmelager Marienfelde werden binnen 24 Stunden bis 16 Uhr 2400 Flüchtlinge registriert, und es sind nicht die letzten. Viele sagen, die am Vortag in derVolkskammer angekündigten „geeigneten Maßnahmen“ hätten sie veranlasst, sofort zu fliehen.

Nicht überall kommt man noch durch. Auf den Bahnhöfen an der DDR-Grenze zu West-Berlin, wo es von Vopos wimmelt, dürfen fast nur Alte passieren. So werden Jüngere auf dem Bahnhof Potsdam belehrt, der Besuch West-Berlins sei „zur Zeit nicht möglich“. Wer als Ziel den Ostteil nennt, muss die Züge nehmen, die über den neuen Bahn-Außenring rollen.

Während der Ministerrat tagt, ist schon ein Heer schwer bewaffneter NVA-Soldaten, Mitgliedern von Betriebskampfgruppen, Volks- und Grenzpolizisten zum „Bereitschaftsdienst“ beordert. Weshalb, wissen sie nicht, sie werden erst am Abend instruiert. „Zur Unterbindung der feindlichen Tätigkeit der revanchistischen und militaristischen Kräfte Westdeutschlands und Westberlins wird eine solche Kontrolle an den Grenzen der Deutschen Demokratischen Republik einschließlich der Grenze zu den Westsektoren von Groß-Berlin eingeführt, wie sie an den Grenzen jedes souveränen Staates üblich ist. Es ist an den Westberliner Grenzen eine verlässliche Bewachung und eine wirksame Kontrolle zu gewährleisten, um der Wühltätigkeit den Weg zu verlegen“, heißt es im Beschluss des Ministerrats. „Solange Westberlin nicht in eine entmilitarisierte Freie Stadt verwandelt ist“, dürfen DDR-Bürger nur mit einer „besonderen Bescheinigung“ dorthin. Besuche „friedlicher“ West-Berliner im „demokratischen Berlin“ sind mit Personalausweis „möglich“. Bundesbürger brauchen wie bisher den Pass.

In Nürnberg eröffnet die SPD ihren Bundestagswahlkampf, der für Kanzlerkandidat Willy Brandt unerwartet schon so gut wie beendet ist. Der Regierende Bürgermeister wird nachts im Wahlkampfzug geweckt und fliegt von Hannover nach Berlin. Brigitte Grunert

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