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SERIE BERLINER Chronik: 25. August 1961 Jahre Mauerbau

Jeder Student soll ein Semester nach West-Berlin – und bloß nicht die S-Bahn nutzen

Der bedrückenden Mauer zum Trotz wird bei der Eröffnung der Deutschen Rundfunk-, Fernseh- und Phono-Ausstellung Zuversicht verbreitet. Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard erklärt vor 2000 Gästen in der Deutschlandhalle, die Stärkung des freien Berlin sei eine nationale Pflicht; jeder westdeutsche Student solle für mindestens ein Semester nach Berlin gehen.

Die Stadt sei „keine Oase in der Wüste“, sondern Sinnbild des Vertrauens in die Zukunft, so der Regierende Bürgermeister Willy Brandt. Er sieht West-Berlin als Zentrum der Wissenschaft, Bildung und Ausbildung; zusätzliche Institutionen der Entwicklungshilfe würden mehr Gäste in die Stadt bringen: „Berlin wird ein Magnet werden!“

Innensenator Joachim Lipschitz warnt vor Demolierungen von Gleisanlagen und Wagen der S-Bahn, egal, ob aus Mutwillen oder „Protest gegen die Willkür des Pankower Regimes“. Die Polizei gehe mit aller Härte gegen solche Ausschreitungen vor. Reichsbahndirektor Otto Arndt sagte vor der Presse in West-Berlin, die Zerstörungen hätten „in den letzten Tagen“ besorgniserregend zugenommen. Die Anschläge auf die S-Bahn könnten „sehr leicht zu Störungen im Fernverkehr führen“, drohte er.

Der Boykott der S-Bahn aus Protest gegen den Bau der Mauer zeigt Wirkung. Nach Schätzung von Verkehrssenator Otto Theuner ist die Zahl der S-Bahn-Fahrgäste von 300 000 auf 100 000 gesunken. Parallel zur S-Bahn, die bereits mit Kurzzügen fährt, plant die BVG Buslinien, so zwischen Zoologischer Garten und Wannsee über die Avus. Brigitte Grunert

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