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SERIE BERLINER Chronik: 4. August 1961 Jahre Mauerbau

DDR erhöht den Druck auf Grenzgänger, Ulbricht will grünes Licht für die Mauer

Im Roten Rathaus beschließt der Ost-Berliner Magistrat auf Vorschlag des Oberbürgermeisters Friedrich Ebert den entscheidenden Schlag gegen die Grenzgänger. Alle Ost-Berliner, die in West-Berlin arbeiten, müssen mit Wirkung vom 1. August Wohnungsmieten, Grundstückspachten, Strom, Gas, Wasser und sämtliche Gebühren in West-Mark bezahlen, „gleichgültig, ob es sich um ein festes Arbeitsverhältnis oder gelegentliche Dienstleistungen handelt“. Das gilt auch für „Wohngemeinschaften“, in denen nur einer Grenzgänger ist.

Zudem müssen sich „alle Bürger der Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik (demokratisches Berlin), die in Westberlin einer Beschäftigung nachgehen“ registrieren lassen. Am Tag darauf wird die Anordnung des Magistrats von den Kreisen der Randgebiete übernommen, gilt also auch für die Grenzgänger aus der Umgebung Berlins. Bisher war es ein großer Vorteil für sie, dass sie 40 Prozent ihrer Gehälter in West erhalten, jetzt lohnt sich die Arbeit im Westen nicht mehr oder kaum noch.

SED-Politbüromitglied Albert Norden teilt die „Maßnahmen“ die dem entsprechen, was seit Tagen propagiert wurde, in einer Betriebsversammlung des Ost- Berliner Glühlampenwerks mit, „unter dem Jubel der Arbeiter und Angestellten“. Diese Menschen hätten den Konzernen als Profitbringer und Schädiger der DDR gedient. „Keinem Konzern und keinem Egoisten wird es mehr gestattet sein, seine Hände in unsere Taschen zu stecken“, so Norden.

Ein Senatssprecher verurteilt den Magistratsbeschluss als Bruch des Viermächte-Status. Im Rathaus Schöneberg beraten mehrere Senatoren, die Bürgermeister Franz Amrehn sofort zusammengerufen hat, über Hilfen für Grenzgänger. Der Regierende Bürgermeister Willy Brandt ist als Kanzlerkandidat der SPD im westdeutschen Wahlkampf unterwegs. Wenige Tage darauf wird der Senat im Benehmen mit der Lohnausgleichskasse beschließen, dass jedemGrenzgänger zusätzlich 60 Mark des Gehalts in West ausgezahlt wird.

Erstmals zielt die Diskriminierungskampagne auch auf Jugendliche, die in West-Berlin studieren oder zur Schule gehen. In einem Brief an den Staatsratsvorsitzenden Ulbricht fordert eine Jugendbrigade „Maßnahmen gegen Grenzgänger mit Schulmappen".

Die „New York Herald Tribune“ meldet, Walter Ulbricht, der in Moskau ist, habe an Kreml-Chef Nikita Chruschtschow appelliert, unverzüglich die Schließung der Grenze zwischen Ost- und West-Berlin zu genehmigen. Ein Sprecher der DDR-Regierung nennt den Bericht „gut informiert“. Gru

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