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Die Treptowers der Allianz an der Spree in Treptow.

© picture alliance / dpa

Serie: Bezirke vor der Wahl: Treptow-Köpenick: Bisschen Brandenburg, bisschen Kreuzberg

Filmkulisse und Möchtegern-Hauptmann – jeder kennt Berlins größten Bezirk Treptow-Köpenick, meist nur von Ausflügen. Denn die Ureinwohner bleiben lieber unter sich.

Treptow kennt nun wirklich jeder in Deutschland, ohne es zu wissen. Denn keine TV-Serie wird in Berlin gedreht, ohne dass der Produzent seine Leute bei den „Treptowers“ vorbeischickt, die bei richtiger Kameraposition so etwas wie eine echte Skyline simulieren. Optisch noch attraktiver sind die drei „Molecule Men“, die davor riesig in der Spree herumstehen, aber, psst, genau genommen zu Friedrichshain gehören. Mit der Handlung der Episoden hat das absolut nie irgendwas zu tun, aber alle denken sofort, hey, Berlin!

Und Köpenick? Kommt nie vor, wird auch schon im Bezirksnamen ungerecht behandelt. Denn dass der zusammengelegte Bezirk Treptow-Köpenick heißt und nicht andersrum, das ist ein bisschen so, als wackle der Schwanz mit dem Hund: Vorn das kleine Treptow mit seinem überschaubaren Park und allerhand schlecht beleumundeten Ortsteilen im Westen, hinten dagegen das großmächtige Köpenick mit seinen Wäldern und Seen, zu kritisieren allenfalls dafür, dass dort mal ein listiger falscher Hauptmann unangenehm grob behandelt wurde.

Urlaubsziel Köpenick

Also, noch mal von Anfang an. Sorry, Zehlendorf: Nicht du, sondern der Doppelbezirk im Südosten Berlins ist der flächenmäßig größte und grünste der Stadt. Der alte Bezirk Köpenick kann deshalb locker ein mittelprächtiges Urlaubsziel ersetzen mit seinen Seen und Wäldern, und mit dem Ortskern rund ums Barockschloss und das neogotische Rathaus, das durch den Handstreich des besagten Hauptmanns berühmt wurde und davon heute noch zehrt. Und Schmöckwitz, Grünau, Müggelheim und Friedrichshagen mit seiner kuscheligen Bölschestraße, allesamt Teile des großen grünen Ganzen, machen auch keinen schlechten Eindruck.

Im Grunde franst Köpenick im äußersten Südosten ganz langsam nach Brandenburg aus, was sich besonders leicht per Boot nachvollziehen lässt: Der Dämeritzsee gehört zu beiden Ländern. Wie auch immer: Hier bleiben die Ureinwohner traditionell unter sich und altern gemeinsam, warum sollten sie auch wegziehen? Einen Grund gibt es allerdings doch: Viele der Lauben- und Villenpieper hier unten leiden schwer unter dem Schönefelder Fluglärm und fürchten, dass das nach der BER-Eröffnung noch schlimmer wird.

Ein ganz anderer Fall ist das alte Treptow, das allerhand streng müffelnde Ortsteile in die Bezirksehe mitgebracht hat, vor allem Ober- und Niederschöneweide, lange auch gern als „Schweineöde“ verspottet. Mit dem Zerfall der dort angesiedelten großen Industriebetriebe kam die gesamte Gegend ins Rutschen und bildete dunkle Neonazi-Nester. Die Zeit arbeitet auch hier in die richtige Richtung, aber viele aufgelassene Werksgelände sind noch auf Sinnsuche, und dieser Sinn kann vermutlich nicht nur darin bestehen, dass überall Künstler einziehen; auf vielen Brachen entstehen aber, was sonst, neue Wohnungen.

Anschluss an Kreuzberg

Der Ortsteil Alt-Treptow ganz im Nordwesten ist schon ein ganzes Stück weiter und hat vom Habitus durchaus Anschluss gefunden an Kreuzberg nebenan. Das Kulturzentrum „Arena“ mit dem fotogenen Badeschiff in der Spree zieht junge Leute und Touristen an, die Lohmühleninsel ist geradezu ein Partyzentrum, und die weitgehend durchsanierte Altbausubstanz passt auch für anspruchsvolle Mieter – die hier aber auch auf spreegeneigte Eigentumswohnungen umsteigen können.

Mittendrin wäre dann noch Adlershof – ein Doppelwesen. Denn westlich der S-Bahn liegt die nach der Wende entstandene Forschungsstadt mit zahlreichen Uni-Instituten und High-Tech-Firmen, östlich das alte, ziemlich angestoßene Wohngebiet, das noch aufs Wachgeküsstwerden wartet. Gewohnt wird schließlich auch drunten in Ortsteilen wie Altglienicke und Bohnsdorf, von denen draußen nie jemand gehört hatte, bis schließlich die Fluglärmdiskussion auch sie auf die Politik-Agenda brachte. Hier gibt es eine ganze Menge Platte, aber auch Einfamilienhäuser und dörfliche Ortskerne.

Alle hier unten warten aber darauf, dass der neue Flughafen in Betrieb genommen wird, die meisten eher bänglich. Wegen des Lärms, und weil sich erst noch zeigen muss, ob die Verkehrsinfrastruktur trägt. Immerhin: Das Adlergestell, die ewig verstopfte Ausfallstraße nach Südwesten, ist nach der Fertigstellung der Autobahn Richtung Schönefeld wieder frei befahrbar.

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