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Die Fans Kevin, Martin, Felix und Nico (von links nach rechts) vom Bundesligisten Hertha BSC säubern am Aktionstag "Gemeinsame Sache" den Spielplatz am Feldstedter Weg in Berlin-Mariendorf.

© Kitty Kleist-Heinrich

Serie: Gemeinsame Sache: Hertha-Fans engagieren sich für Flüchtlinge und Obdachlose

Bei Hertha BSC dreht sich nicht alles um den Fußball. Der Verein unterstützt auch zahlreiche soziale Projekte – und die Fans hauen am Aktionstag richtig auf den Putz.

Im Büro von Stefano Bazzano herrscht in diesen Tagen Hochbetrieb. Mit nervösen Blicken in Richtung Uhr und Telefon spricht er von den vielen Terminen, die er derzeit wahrnehme. „Positiver Stress“, sagt er. Der 35-Jährige ist einer von vier Fanbetreuern des Fußballvereins Hertha BSC Berlin. Bazzanos Hauptaufgabe in der Geschäftsstelle des Bundesligisten: Die Betreuung der sozialen Projekte. Davon gibt es reichlich, sagt Bazzano. „Das Kerngeschäft ist natürlich die Betreuung der Fans, aber die sozialen Projekte sind uns ebenfalls sehr wichtig. Und die vielen Fans, die mit anpacken, sind dabei ein wichtiger Bestandteil.“

Zu Bazzanos Aufgaben gehört die Betreuung der Projekte im „Lernzentrum@Hertha BSC“. Regelmäßig finden Projektwochen statt, in denen sich Jugendliche mit Themen wie Rassismus, Diskriminierung und Toleranz auseinandersetzen. „Hier wollen wir Menschen erreichen, die von Bildungsangeboten sonst ausgeschlossen sind“, sagt Bazzano.

Das besondere Augenmerk der Fanbetreuer und Anhänger des Clubs gilt vor allem Flüchtlingen und ihrer Betreuung. Die Hilfe über den Fußball liegt beim größten Sportverein der Stadt nahe. Schon seit September 2015 ist Hertha BSC Teil des bundesweiten Programms der deutschen Kinder- und Jugendstiftung „Willkommen im Fußball“, das die Integration junger Flüchtlinge zum Ziel hat. Unter der professionellen Anleitung von zwei Trainern der Hertha-Fußballakademie spielen und trainieren Jugendliche und junge Erwachsene jeden Dienstag auf den Sportplätzen von Partner SC Siemensstadt. Bis zu 30 Flüchtlinge kommen wöchentlich zum offenen Training.

„Das schönste Geschenk, das man machen kann, ist doch, jungen Menschen einen Ball hinzulegen und zu gucken, was passiert“, sagt Peter Bohmbach, seit Kurzem zuständig für die gesellschaftliche Verantwortung des Vereins. Auch das könne einen kleinen Anteil an der Integration der neuen Mitbürger leisten.

„Wenn wir den Flüchtlingen eine Freude machen und sie in diesen Stunden nicht an das denken, was sie im Alltag oder durch ihre Erfahrung im Krieg und auf der Flucht belastet, dann haben wir schon viel erreicht“, sagt Bohmbach. Die Initiative zieht Aufmerksamkeit auf sich: Für einen der Termine im November hat im Rahmen des sechsten Integrationsgipfels auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren Besuch zugesagt.

Integration durch Hertha gucken

Wie bei so vielen Initiativen zur Flüchtlingshilfe begann das Engagement im Sommer 2015, geprägt durch die Bilder der Flüchtlingskrise. Mehrere Erstunterkünfte wie die Rudolf-Harbig-Halle oder das Horst-Korber-Sportzentrum, in denen zeitweise bis zu 2000 Menschen untergebracht waren, lagen direkt neben dem Vereinsgelände. „Wir sagten: Das sind unsere Nachbarn. Da müssen wir helfen“, so Bazzano. „Einmal die Woche gingen Mitarbeiter und Fans in die Unterkünfte, sortierten Kleiderspenden, betreuten Kinder oder halfen beim Ausfüllen amtlicher Papiere“, sagt er. „Viele Hertha-Anhänger sind ohnehin in allerhand sozialen Projekten unterwegs.“ Doch als im Sommer 2015 täglich hunderte Flüchtlinge die Stadt erreichten, hätten sich auch einige Spieler der Profi-Mannschaft an der Hilfe beteiligt, darunter Fabian Lustenberger.

Schnell entstand auch die Idee, Flüchtlingen die Möglichkeit zu bieten, Bundesliga-Heimspiele der Hertha zu sehen, „sie so am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen“, wie Bohmbach sagt. Die Umsetzung folgte prompt: Im September 2015 lud der Verein einmal sogar 1000 Flüchtlinge zu einem Heimspiel ein. Eine Obergrenze soll es aber nicht geben, so Bohmbach. Pro Heimspiel kommen derzeit etwa 100 Flüchtlinge, begleitet von Freiwilligen und den Fanbetreuern.

Die Ideen für das soziale Engagement kommen längst nicht nur vom Verein: Eine Initiative, die vollständig von den Anhängern ausging, ist die Unterstützung der Stadtmission bei der Kältehilfe. 10.000 Menschen sind nach Angaben der Stadtmission in Berlin ohne Wohnung. Wenn die kalten Wintermonate näher rücken, sammeln Hertha-Fans an Spieltagen alles ein, was Obdachlose für den Winter benötigen: Winterjacken, Isomatten, Schlafsäcke. Der Verein übernimmt den Transport zur Stadtmission, die Anhänger sortieren vor Ort die Sachspenden. „Leider gehen die sozialen Projekte schnell einmal unter, das Sportgeschäft überstrahlt oft alles“, sagt Bohmbach.

Auch deshalb freue er sich auf den Einsatz von Mitarbeitern und Anhängern an den Aktionstagen. Am 9. September widmen sie sich der Neugestaltung und Säuberung des Spielplatzes im Feldstedter Weg in Lichtenrade. „Zwar ist es ein neuer Spielplatz, doch viele Spielgeräte sind bereits mit Schmierereien und nicht kindgerechten Sprüchen versehen“, sagt Bazzano. Die Idee zur Aktion hatte ein Fan, der feststellte, dass auch die Parolen auf dem Spielplatz offenkundig von Hertha-Anhängern stammten. Nun sollen die Schmierereien auch von freiwilligen Fans übermalt werden. Auch die Sandkästen werden durchsiebt, Unkraut und wuchernde Pflanzen entfernt und die gesamte Anlage gekehrt. Besen, Rechen, Greifer und Müllsäcke werden bereitgestellt. „Wir freuen uns über jede helfende Hand“, so Bohmbach.

Die Aktion findet am Freitag, 9. September, von 17 –20 Uhr statt. Treffpunkt: Spielplatz Feldstedter Weg, Lichtenrade, Kontakt: stefano.bazzano@herthabsc.de

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