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Berlin: Sex-Appeal in Karamel

Weniger ist mehr, dachten sich die Veranstalter und stutzten die Show zusammen. So wurde aus der „Coral Fashion Show“ ein sehenswertes Mode-Ereignis

„Wenn es in Berlin Berge gäbe, wären sie höher", lautet ein schöner Spruch über den Hang der Berliner, immer noch einen drauf zu setzen. In Berlin ist es Ehrensache, auf dem Ku’damm nicht irgendeine Modenschau zu zeigen, sondern gleich den „längsten Laufsteg der Welt".

Rund 500 Models in Outfits von über 40 Designern, das ist tatsächlich kein Pappenstiel. Und den Leuten hat’s gefallen. Obwohl das Wetter anfangs schlecht war und man schon befürchtete, die Models müssten ihre kostbaren Gewänder einschließlich einiger Brautausstattungen mit Schleiern, Federboas und zuckerwattigen Reifröcken durch den Regen tragen, drängte sich vor den Absperrgittern entlang den 1111 Metern Laufsteg eine große Menge Schaulustiger, von denen viele bis zum Ende blieben.

Gegenüber der schlecht organisierten Mammutveranstaltung von vor drei Jahren, die damals den n „Der große Q" trug und vom Mode Center Berlin ausgerichtet wurde, hat sich die heutige „Coral-Fashion-Show" sehr verbessert. Benannt ist sie nach dem Feinwaschmittel gleichen Namens, dessen Hersteller seit letztem Jahr Titelsponsor ist. Der ehemals vierstündige Modezirkus wurde auf zwei Stunden heruntergestutzt, der Unfug, jedes Mal ins Guinessbuch der Rekorde kommen zu wollen, aufgegeben. Der Ablauf war pünktlich und reibungslos, viele Worte wurden nicht gemacht –eine kluge Entscheidung, denn die Moderationskünste von Miss Germany Katrin Wrobel sowie der Herren Claus und Tim Pöhland, die als Galionsfiguren des längsten Laufstegs auftreten, halten sich in Grenzen. Auch die Showeinlagen - Hip-Hop, Cheerleader, ein Saxofonist und ein Britney-Spears-Verschnitt namens Marta, alles nach amerikanischem Vorbild – waren schnell überstanden. Und die Mode – gar nicht übel.

Den Anfang machten die umtriebigsten der Berliner Modeschulen, nämlich Esmod und die Klasse von Vivienne Westwood an der Universität der Künste. Die Westwood-Klasse zeigte ihre schwarz-weiße Kollektion gleich noch ein zweites Mal gegen Ende der Schau; eine gute Idee, denn zu diesem Zeitpunkt hatte man sich an gefälligen Abendroben und den vielen blanken Hinterteilen, Brüsten und Beinen schon ein wenig satt gesehen.

Im Gedächtnis blieben aus dem Riesenaufmarsch der Konfektionär Kookai mit zeitgemäß ethnologisch angehauchtem Styling, die Kreationen aus Fell, Leder, Denim von Gaultier, Plain Sud und Vinici, vorgeführt von der Boutique Bleibgrün, die eigenwillige Kollektion der Petersburgerin Tatjana Parfionova und drei gestandene Berliner Labels: Kratzert/Pahnke mit bodenlangen Mänteln und eleganten Entwürfen in Beige und Schwarz, Thatchers, die mit Kunstpelz, Denim, schmalen, mehrlagigen Röcken und der waghalsigen Farbkombination Pink/Karamel ihren charakteristischen Sexappeal zeigten, sowie Nanna Kuckuck, die Frauen anzieht anstatt sie zu entblößen, schöne Silhouetten schafft und ihre Roben mit sichtlichem Respekt für die wunderbaren orientalischen Stoffe entwirft.

Dass mit den Schulen und solchen Designern auch ein wenig modischer Gestaltungswille in die ganze Pracht und Herrlichkeit kam, stand der Veranstaltung insgesamt sehr gut zu Gesicht. Dass viele der interessanteren Kollektionen aus Berlin kamen - umso besser! Susanna Nieder

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