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Berlin: Shakiras Schaukelstuhl hat einen neuen Besitzer - Der allerletzte Schlusspfiff für die Fußball-WM: Über 600 Artikel wurden gestern versteigert

Jan Bröker umschließt fest das Mikrofon, zieht es an seine Lippen und plärrt rasend schnell los: „Siebenhundertsechzigeuro, werbietetmehr? Nein, niemand?

Jan Bröker umschließt fest das Mikrofon, zieht es an seine Lippen und plärrt rasend schnell los: „Siebenhundertsechzigeuro, werbietetmehr? Nein, niemand? Zumerstenzumzweitenundzum… “. Bröker haut den Hammer mit einem lauten Knall auf den Tisch … „dritten, verkauft!“

760 Euro. Für einen roten Fußball. So leicht gehen also Dinge weg, die irgendetwas mit der WM 2006 zu tun hatten.

„Der kommt ins Kinderzimmer, zu meinen Fußballpostern!“, sagt Sekunden später der kleine Leon, 10 Jahre alt. „Am Montag nehme ich den Ball mit zum ersten Schultag – die werden staunen im Gymnasium.“ Seine kleine Schwester ist ähnlich aufgeregt, und der Papa – Christian Lehmann aus Zehlendorf – auch. „Wie viel muss ich jetzt zahlen? 760 Euro? Gar nicht mitbekommen, ging so schnell.“

So geht es im Minutentakt, alles muss raus, exakt 651 Artikel. Von der Eckfahne („300 Euro, verkauft!“) über zig „No-Smoking“-Schilder im WM-Design bis hin zu Artikel 351: „Schaukelstuhl, Stoffbezug, Metallrohrgestell – aus der Garderobe von SHAKIRA“. Die Sängerin hatte bei der Finalshow mitgemacht.

Der Mann, der sein Hämmerchen an diesem Sonnabendvormittag auf den Tisch knallen lässt, ist Geschäftsführer des Auktionshauses Dechow. Stundenlang rattert Jan Bröker die WM-Artikel auf dem Areal am Olympiastadion herunter, „am Ende bekommen wir rund 40 000 Euro zusammen“, sagt er. Das Geld geht an die Kulturstiftung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Gut 100 Leute sind am Morgen da, auch Familie Schaefer aus Charlottenburg. Sohn Christoph, 33, will ein „VIP-Eingang“-Schild als Gag für die Wohnung abstauben, Mutter Silvia, 57, „eine von diesen Topfpflanzen, ich zahle bis zu 25 Euro“. Okay, die gibt’s im Blumenladen billiger, „aber die waren dann ja nicht bei der WM dabei!“ Da muss Silvia Schaefer dann selbst lachen. Die großen Anschaffungen sind längst verkauft.

Die Pressetribünen etwa haben sich die Macher der Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz gesichert, jetzt geht es um kleine Anschaffungen, um Geschenke „und den Profis ums Geld“, sagt Auktionsmann Bröker. Welche Profis meint er? „Na, die Leute, die die WM-Artikel weiterverkaufen.“

Einer von denen sitzt mit Sonnenbrille und aufgeknöpftem Hemd in der ersten Reihe. Robert Grewer, 57, aus Bayern, eigentlich Insolvenzverwalter. Den Originalball des WM-Eröffnungsspiels samt Unterschriften hat er für 1750 Euro ersteigert. „Ich lege den jetzt in die Vitrine im Partykeller“, sagt Grewer, „und bei der nächsten WM verkaufe ich ihn für 4500 Euro“. Jetzt sucht er Regencapes, 60 000 Stück mit Fifa-Logo, „die kaufen mir später Firmen als Werbegeschenke ab“.

Vielleicht ist es der letzte WM-Tag. Allerletzte Posten sollen heute versteigert werden, der Rest kommt in den Müll.

„Dasletztegebot – zweihunderteuro, verkauft!“, ruft Bröker wieder. Auf der Tribüne streckt Ralf Kleinhenz strahlend die Faust hoch. Er ist Direktor des ICC – und sein Haus von nun an stolzer Besitzer eines sechs Meter langen Fahnenmastes.

André Görke

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