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Shoppen am Hafen: Hansestadt Tempelhof

Einkaufen am Wasser: Berlins erster Shopping-Hafen öffnet Ende April. Alle Läden sind vermietet. Der denkmalgeschützte Speicher wird zur Attraktion

Nach Getreidelager sieht es nicht mehr aus. Eher wie ein Internatsschloss im Winterschlaf, in weiches Orange und Cremeweiß gehüllt. Wenn nur diese ollen Kräne nicht wären. Und der nervenzerrüttende Baulärm.

Fast 400 Handwerker befinden sich auf der Zielgeraden, damit im April die große Eröffnungsshow für den neuen Tempelhofer (Shopping-)Hafen, das neue „Stadtteilzentrum“ des Alt-Bezirks, starten kann. Wahrscheinlich wird es Ende April, meint der Bauleiter von Hochtief, Hans-Jürgen Eisermann, ein stämmiger Kerl, der hier seinen letzten großen Einsatz vor der Altersteilzeit absolviert. Er weiß am besten, wie schwierig es war, aus dem maroden Speichergebäude, Baujahr 1908, das repräsentative Haupthaus eines modernen Einkaufszentrums zu machen. Der Speicher war im Krieg ausgebrannt und provisorisch wieder aufgebaut worden.

Jetzt haben sie alles Provisorische wieder entfernt, die Decken herausgenommen, die Tragkonstruktion und das gesamte Dachgebälk erneuert, die alten Tuffsteinornamente und das Giebelfachwerk hinterm Putz hervorgeholt, Gauben nach Vorkriegsfotos rekonstruiert und schließlich 210 000 neue Biberschwanzziegel verlegt. Alles für den Denkmalschutz. Erhalten werden auch das alte Wiegehäuschen und die rostigen Hafenkräne. In der „Mall“, der künftigen Einkaufspassage, sind zwischen den hellen Fliesen Original-Steine vom alten Hafenpflaster mitsamt der eingelassenen Gleise verlegt.

Einziehen werden die üblichen Verdächtigen: Sparkasse, Media-Markt, Intersport, Edeka, Hennes & Mauritz, C & A. Der Media-Markt werde wie im Alexa am Alexanderplatz um Mitternacht öffnen, sagt Christian Diesen, Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft, also sind auch wieder Tumulte erregter Schnäppchenjäger zu erwarten.

Das Einkaufszentrum selbst, mit rund 70 Läden weniger als halb so groß wie das Alexa, wird sich durch die Hafenlage und den alten Speicher vom Standard absetzen. 100 Millionen Euro haben die Entwickler kalkuliert, diese Summe werde auch eingehalten, verspricht Diesen. Die Finanz- und Wirtschaftskrise habe das Geschäft zwar erschwert, aber bei 100 Prozent Vermietungsquote bestehe kein Anlass zur Sorge.

Diesens Lieblingsort am neuen Hafen ist im Obergeschoss des Restaurantpavillons, der auf Höhe des Tempelhofer Damms weit über dem Hafenbecken zu schweben scheint. Hier blickt man auf die Front des alten Speichers, sieht die Schiffe im Hafen, darunter bald die „MS Bea“, einen alten Lastkahn, der gerade renoviert wird, und einen Fischkutter, der Frischfisch verkaufen soll. Neben dem Pavillon entsteht der „Stadtbalkon“, eine künstlich aufgeschüttete Grünfläche.

Neben dem Speicher ist, als nördliches Gegenstück, ein Neubau entstanden, der am Haupteingang zum Tempelhofer Damm einen eleganten Bogen macht, aber dann in eine endlos scheinende fensterlos-monotone Fassadenfront übergeht. Das ist dann die triste Rückseite des ambitionierten Projekts und der Preis, den vor allem die Mieter an der Ordensmeisterstraße für das neue „Stadtteilzentrum“ zahlen müssen. Auch der alte „Hafen-Imbiss“ zieht den Kürzeren. Er muss umziehen, weil er auf der Schauseite steht, wo er nicht mehr hinpasst.

Künftig führt der Weg an der U-Bahn- Station Ullsteinstraße direkt per Rolltreppe in die Einkaufstraße oder ebenerdig in den Restaurant-Pavillon. Auf der anderen Uferseite soll bis zum Herbst ein Indoor-Spielplatz entstehen. Im Dachgeschoss des Speichers werden sich 30 Ärzte und eine Ballettschule einrichten. Besucher sollten sich übrigens nicht wundern, wenn auf der rechten Seite des Speichers ein kleiner Fassadenteil mit Tuffstein ausgekleidet ist. Das war schon im Original so. Offenbar ist den Erbauern 1908 einfach das Geld ausgegangen.

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