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Wie im märchenhaften Morgenland: Der in Berlin lebende Inder Sabir verkauft auf der Messe „Import Shop“ in den Hallen am Funkturm funkelnde Schmuckschatullen, Ketten und Edelsteine.

© Thilo Rückeis

Shoppen wie im Urlaub: Mit der U-Bahn nach Indien

In vielen exotischen Geschäften kann man vor dem Winter fliehen und sich wie im Urlaub fühlen. Auf der Messe „Import Shop“ gibt es Kunst, Kleider und Souvenirs aus Mali, Indien und Burkina Faso.

Sie sehen aus wie konservierte Aliens in Science-Fiction-Filmen, glibbrig, tot, ein bisschen zum Gruseln. Quallenköpfe im Einmachglas. Für die meisten Europäer sind sie einfach eklig, für andere eine Delikatesse. „Kochen und zusammen mit tausendjährigen Eiern essen“, rät Hung Truong. Der Chinese ist Geschäftsführer des „Vinh Loi“-Supermarkts in Friedenau. Natürlich verkauft er auch Frühlingsrollen, Riesenkarotten und all das, was den westlichen Gaumen eher begeistert als tote Quallen. Auf 530 Quadratmetern neonlichtgetränktem Asien können Berliner einkaufen wie im letzten Urlaub in Fernost und sich wieder dahin versetzen, wenigstens im Geiste.

Draußen wird es immer kälter, irgendwann liegt wieder Eis auf den Wegen. Das trostlose winterliche Berlin meiden die Touristen, und viele Berliner würden am liebsten in den nächsten Flieger ins Warme steigen. Wer das nicht kann, muss Alternativen in der Stadt suchen. Zwischen 20-Kilo-Reissäcken, Hühnerfüßen und Schlangenkopffisch lassen Läden wie „Vinh Loi“ eine kleine Flucht zu.

Auch die Messe Import Shop vermittelt Urlaubsgefühle, aber statt eines Flugtickets braucht man nur eine S-Bahn-Karte. In den Messehallen am Funkturm laden 571 Aussteller aus 57 Ländern bis Sonntag zur Shoppingtour rund um den Globus. An einem Stand verspricht Mikailou Cissé aus Mali „very good prices today“ für seinen Schmuck. Gegenüber verkauft ein Mann, der sich nur Kere nennt und mittlerweile in Berlin lebt, Holzmasken, Ketten und mit Ziegenfell bespannte Trommeln aus seinem Heimatland Burkina Faso. Nebenan wartet Yandé aus Senegal in einem bunt schillernden Kleid auf Kunden. Beim Inder Sabir funkelt alles. Er verkauft mit Steinen besetzte Schmuckschatullen und Lapislazuli-Edelsteine. „Gut für die Liebe, und ohne Nebenwirkungen“, sagt er. Auf der Messe gibt es Kunsthandwerk, Kleidung, Hängematten, Massageöle, Teppiche aus Karakulwolle, Skelettschädel von Büffeln, Kosmetika. In einer Sonderschau warten winterliche Dekorationen und Möbel auf die Berliner, bevor sie nach dem Kurztrip wieder zurück in den kalten Herbst müssen.

Wer Sehnsüchte nach den nördlichen Ländern hat, kann Ingemar Larsson in seinem Laden „Sweden Shoppa“ in Wilmersdorf besuchen. Der 60-jährige Schwede kam 1993 als Bauarbeiter für schwedische Holzhäuser nach Deutschland, verkaufte dann Clogs auf einem brandenburgischen Spargelhof und bringt seit fünf Jahren die Produkte seiner Heimat an die Berliner. Auf gemütlichen 35 Quadratmetern liegen mehr als 30 Sorten Knäckebrot, Schuhe aus Rentierleder, die Sauermilch Filmjölk, Elchrückensteak und natürlich die vor allem von einer schwedischen Möbelkette bekannten Fleischbällchen „Köttbullar“. Im Gegensatz zu Truongs Asiamarkt ist hier das meiste teurer als im gewöhnlichen Supermarkt. 300 Gramm marinierter Hering kosten 4,75 Euro, ein Kilo Rentierfleisch 60 Euro. Dafür kauft Larsson auf Kundenwunsch persönlich in Schweden ein und nimmt die Produkte manchmal dauerhaft ins Sortiment auf.

Mit der Tram M 8 geht es nach Vietnam, das in diesem Fall in Lichtenberg liegt. Im Dong Xuan Center im Industriegebiet Herzbergstraße ist Deutsch Fremdsprache. Entlang schmaler Gänge reihen sich die Läden der meist vietnamesischen Verkäufer, vor allem Großhändler, von denen viele auch an Privatpersonen verkaufen. Neben grellen Werbeschildern blinken künstliche Christbäume, Toilettendeckel mit Schildkrötenmotiv stapeln sich vor einer unüberschaubaren Auswahl an Schals. Enge Frisörsalons, Restaurants und ein paar Lebensmittelläden gibt es auch. Vor allem Asiaten kaufen hier Wassermimose und tiefgefrorene Fische. Das Singha-Bier wählen eher die deutschen Besucher. Wie im Urlaub eben.

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