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Sicherheitsdienste: Verdi: Verträge der Wachschützer sind sittenwidrig

Private Sicherheitsleute arbeiten für die Polizei. Die Verträge der privaten Wachschützer, die seit Anfang Januar für die Berliner Polizei im Einsatz sind, enthalten nach Auffassung von Arbeitsrechtlern "sehr kritische, wenn nicht unwirksame Klauseln".

In Arbeitsverträgen, die dem Tagesspiegel vorliegen, wird den Mitarbeitern ein „Pauschalkostenbeitrag“ vom Arbeitslohn einbehalten, wenn sie innerhalb der Probezeit ausscheiden. Zur Kasse werden neue Mitarbeiter in diesem Fall außerdem gebeten für Kosten der Firmenuniform, für die medizinische Erstuntersuchung sowie für etwaige Lehrgänge. Diese Regelungen werden vom Justiziar der Firma „Big“ als „branchenüblich“ bezeichnet.

Harsche Kritik an den Klauseln in den Verträgen der privaten Wachschützer, die bei der Berliner Polizei eingesetzt werden, gibt es auch von der Gewerkschaft Verdi: „Nach unserer Auffassung sind solche Klauseln sittenwidrig“, sagt Susanne Meinke, für die Branche zuständige Fachsekretärin. Diese Klauseln seien weder mit dem Bundesmantelrahmentarifvertrag der Branche noch mit dem Berliner Manteltarif vereinbar. Die Arbeitsrechtsexpertin Anja Mengel von der Kanzlei Wilmerhale sagte: „Die Kosten für Einarbeitungslehrgänge während der Probezeit und für die Verwaltung bei der Einstellung von Personal sind das typische Risiko von Arbeitgebern“. Klauseln, die diese Kosten bei einer Trennung innerhalb der Probezeit auf den Mitarbeiter abwälzten, „erscheinen unwirksam.“

Der Einsatz von privatem Wachschutz bei der Berliner Polizei war bereits in der vergangenen Woche Thema im Abgeordnetenhaus. Dabei ging es vor allem um den geringen Stundenlohn der in Berlin eingesetzten privaten Wachschützer. Dieser beträgt 5,25 Euro die Stunde. Das liegt weit unter dem Mindestlohn von 7,50 Euro. Auf diesen Lohn will der Senat durch ein neues Gesetz alle privaten Firmen festlegen, die in Zukunft öffentliche Aufträge erhalten. Für bereits abgeschlossene Verträge, wie den mit der Firma „Big“, wird der Mindestlohn allerdings nicht gelten. Die bei der Polizei eingesetzten Männer werden deshalb auch künftig schlechter bezahlt – für Nachtarbeit ab 23 Uhr bekommen sie 5,88 Euro pro Stunde inklusive Zulage. Laut Gewerkschaft der Polizei sollen bei der Behörde so 100 Angestellte im Objektschutz eingespart werden.

Die bislang unbekannten Regelungen in den Arbeitsverträgen der bei der Polizei eingesetzten Wachleute alarmiert nun erneut die Politik: „Mir erscheinen diese Regelungen auch unüblich“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion auf Anfrage. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, „dann würde ich mich dafür einsetzen, dass die Vergabe noch einmal überprüft wird“, so Stefan Liebich. Wirtschaftssenator Harald Wolf hatte bereits vergangene Woche im Abgeordnetenhaus gesagt: „Es geht nach meiner Auffassung darum, die bestehenden Vergaben zu überprüfen.“ Rechtskräftig abgeschlossene Verträge müssten jedoch eingehalten werden.

Der Justiziar der Firma Big bleibt dabei: „Die Regelungen zur Rückzahlung von Kosten für Arbeitskleidung, Schulungen sowie von Pauschalen für die Verwaltung und für die medizinische Erstuntersuchung betreffen nur die Probezeit. Diese sind generell so branchenüblich“, so Bernd Gebhardt. Die Firma „Big“ hat ihren Sitz in Halle. Und deren Justiziar Gebhart versichert, dass dort die Klauseln mit den Tarifpartnern so auch ausgehandelt worden sein sollen.

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