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Zurückgeblieben. In Zügen dieses Modells hat die Technik eine Tücke. Foto: Thilo Rückeis

© Thilo Rückeis

Sicherheitslücke: S-Bahn-Türen öffnen, auch wenn kein Bahnsteig da ist

An S-Bahn-Zügen der älteren Baureihe 485 lassen sich die Türen unter bestimmten Bedingungen auf beiden Seiten gleichzeitig öffnen – ein Risiko für leichtsinnige Fahrgäste. Die Bahn arbeitet an der Lösung des Problems.

Moderne Technik ist auch dazu da, Menschen den Folgen ihres eigenen Leichtsinns zu schützen. In den 1990er-Jahren wurden deshalb die Züge der S- und U-Bahn so umgebaut, dass sich die Türen nicht mehr während der Fahrt öffnen lassen und Surfer auf ihren lebensgefährlichen Nervenkitzel verzichten müssen: Der aktuelle Fuhrpark von S-Bahn und BVG hat durchweg Türen mit Druckknöpfen und ohne ausgeprägte Griffe.

Eine kleine Lücke ist geblieben, wie jetzt bekannt wurde: An den S-Bahnen der zu DDR-Zeiten entwickelten Baureihe 485 („Coladosen“) lassen sich die Türen auch auf der dem Bahnsteig abgewandten Seite öffnen, wenn der Zug am Endbahnhof steht und der Fahrer für die Rückfahrt gerade von einem Ende des Zuges zum anderen läuft. Die „Bild“-Zeitung präsentierte am Montag einen empörten Vater, dessen elfjähriger Sohn sich gegen einen Türöffner gelehnt habe und fast aus dem Wagen gestürzt sei.

Gegen diese Version vom Beinahe-Unglück spricht allerdings, dass die Türöffnertasten bei dem betroffenen Modell versenkt sind und deshalb kaum versehentlich so tief gedrückt werden können, dass die Türen plötzlich aufgehen. Doch Tatsache ist: Wer es will, kann die Türen öffnen. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) hat sich der Sache angenommen, nachdem sich im Sommer ein Fahrgast beschwert hatte. Fazit der Aufsichtsbehörde: „Das ist konstruktionsbedingt, aber kein Mangel oder Verstoß gegen das Regelwerk.“ Unfälle seien nicht bekannt. Das EBA habe der S-Bahn auch keine Auflagen erteilt, zumal die Türsteuerung an den Zügen ohnehin geändert werden soll.

Nach Auskunft eines Bahnsprechers sollen die Züge bis Ende 2013 so umgerüstet sein, dass die Fahrer auch an den Endbahnhöfen nur die Türen auf einer Seite freigeben können. Außerdem verweist die Bahn auf die Beförderungsbedingungen des Verkehrsverbundes VBB: Demnach müssen Kinder von ihren Begleitpersonen beaufsichtigt werden, und ein- und ausgestiegen werden dürfe nur an Bahnhöfen, also logischerweise auf der Bahnsteigseite.

Da die meisten der 80 betroffenen Doppelwagen auf der S 3 unterwegs sind, betrifft das Risiko im Wesentlichen die Bahnhöfe Ostkreuz und Erkner. Für den Fahrgastverband Igeb ist die Sicherheitslücke „ärgerlich“, aber nicht dramatisch. Igeb-Vizechef Jens Wieseke schlägt vor, den Einsatz der 485er-Züge auf der Ringbahn zu prüfen, die keine Endstationen hat. Alternativ könne ein „fliegender Wechsel“ wie auf der S 7 in Ahrensfelde helfen: Dort steige der Fahrer des jeweils vorherigen Zuges sofort in den freien Führerstand des letzten Wagens, um die Bahn zurückzufahren.

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