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Berlin: Sie macht weiter

Sylva Franke musste mit ihrer Hotelkette „Blue Band“ Insolvenz anmelden. Ihr soziales Engagement soll nicht leiden

Zuweilen kann Sylva Franke recht ungehalten reagieren. Beispielsweise letzten Sonnabend, als sie, die Schirmherrin der Berliner Aids-Gala, in ihrem knallroten Kostüm ans Mikrofon trat, ausführlich über die Krankheit sprach, Nächstenliebe, Wohltätigkeit – und die Menge fröhlich schwatzte. Sylva Franke brach nicht ab, die alte Dame schimpfte: einfach unmöglich!

Sylva Franke muss es da schon gewusst haben. Als sie für die Fotografen posierte, auf dem goldverzierten Sofa mit Zigarre. Oder zusammen mit Schauspieler Wolfgang Völz und Moderatorin Annabelle Mandeng. Es war nur noch eine Frage von Stunden, bis es in der Stadt die Runde machen würde. Dass das Unternehmen von Sylva Franke, die „Blue Band Hotels“, pleite ist. Das traditionsreiche Hotel Berlin hat Insolvenz angemeldet, ebenso das Mark Hotel, das Mark Apart, das Plaza und auch das City Park Hotel in Frankfurt (Oder). Die wirtschaftliche Lage, seufzt Franke. „Wir haben frühzeitig Insolvenz angemeldet, um Schaden abzuwenden.“

Es ist ein schwerer Schlag für die große Dame der Berliner (oder vielmehr der West-Berliner) Gesellschaft, aber eines ist sicher: Sylva Franke wird auch als Ex-Unternehmerin nicht in Untätigkeit verfallen, seit Jahren engagiert sie für das, was man „Allgemeinwohl“ nennt: als Vorsitzende des israelischen Roten Davidstern (vergleichbar dem Roten Kreuz), im Förderkreis des Deutschen Herzzentrums, als Honorarkonsulin von Paraguay, als Sponsorin des Renaissance-Theaters. „Meine ehrenamtlichen Tätigkeiten mache ich alle weiter.“ Beherrscht eine Frage die Diskussion in der Stadt, mischt auch Frau Franke mit. Das Holocaust-Mahnmal? Ist ihr zu groß. Sie hält den Güterbahnhof Grunewald als angemessensten Ort wachzuhaltender Erinnerung an die Berliner Juden. Als 1996 bei einer Gedenkaktion alle 55 696 Namen vorgelesen wurden, stand auf dem Bahnsteig auch Sylva Franke. Morgens um halb vier las sie die Namen ihres Vaters, ihres Onkels, ihrer Tante…

Der Rest der Familie floh 1933 aus der Stadt, lebte in Bolivien, Argentinien und Paraguay. 1961, kurz nach dem Mauerbau, kehrte Sylva Franke mit ihrem Ehemann zurück. Ihre Geburtsstadt erkannte sie zunächst nicht wieder, alles war weggebombt: ihr Geburtshaus nahe der Jannowitzbrücke und auch die Tankstelle gegenüber dem Friedrichshain – es war die erste Berlins gewesen. „Ich habe bitterlich geweint, aber meine Familie hat mir geholfen“, hat sie erzählt.

Sie halten zusammen, die Frankes. Sie gehörten nicht zu den alteingesessenen Größen im Baugeschäft, doch sie stiegen stetig auf. Zeitweise hatte es das Ehepaar auf 17 Firmen gebracht, bald mischten auch die beiden Töchter und Schwiegersöhne mit. Sylva Franke machte sich in der Jüdischen Gemeinde verdient, Kurt Franke förderte Hertha BSC. Gerne lud das Paar Politiker zum Essen ein, gab ihnen zum Abschied auch mal teure Geschenke mit. Als 1985 die Affäre um den Baustadtrat Wolfgang Antes aufflog, fand die Polizei im Büro Franke eine interessante Liste: Eberhard Diepgen hatte von ihm Geld erhalten, der CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Kittelmann, der Ex-Finanzsenator Klaus Riebschläger (SPD), Bezirksbürgermeister, Stadträte…

Kurt Franke war zu krank, er musste den Prozessen nicht beiwohnen, wurde von der Haft verschont. Nach seinem Tod übernahm seine Frau das Geschäft, erwarb sich den Ruf der „Berliner Grande Dame der Hotellerie“. Dass sie auch in der Jüdischen Gemeinde gerne das Sagen hätte, streitet die jüngst gekürte Verdienstorden-Trägerin ab – wenn auch nicht sehr vehement. Sie bevorzuge für den Vorsitz grundsätzlich einen Mann, sagt Sylva Franke. „Da bin ich altmodisch.“

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